Galerie für Zeitgenössische Kunst
04107 Leipzig
Karl-Tauchnitz-Straße 11

Der Dritte Sektor

Laufzeit: 27. Januar 2002 bis 01. April 2002

Der Dienstleistungssektor galt als die große Hoffnung des 20.
Jahrhunderts und sollte Garant für ökonomische, politische und soziale
Stabilität sein. Er stellte Vollbeschäftigung, humanere, weil am Menschen
orientierte, Arbeit, regelmäßige Verteilung gesellschaftlichen Reichtums
und die Demokratisierung der Herrschaftsverhältnisse in Aussicht. Heute
bedeutet der Strukturwandel von der Industrie- zur
Dienstleistungsgesellschaft nicht mehr unbedingt eine Hoffnung, sondern
auch eine Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt und damit aus der
Gesellschaft.

In der Ausstellung wird über die Auswirkungen des dritten Sektors
ins-besondere aus feministischer, ökonomischer und urbanistischer
Perspektive reflektiert. Dreizehn internationale KünstlerInnen zeigen zum
Teil ortsspezifische Auseinandersetzungen mit diesem Themenkomplex.

Die Fotografin Erika Sulzer-Kleinemeier begleitete in den 60er/70er
Jahren Frauen in typischen Frauenberufen mit der Kamera. Sie ergänzt
diese älteren Aufnahmen in der Ausstellung durch neue Fotografien typisch
dienstleistungsgeprägter Orte, wie einer Messe, einem leeren
Flughafenschalter und einer Troja-Ausstellung in einer Bank. Auch die
Gemälde der Biennale Venedig 2001-Teilnehmerin Ursula
Reuter-Christiansen, die feministische Vorreiterinnen wie Rosa Luxemburg,
Clara Zetkin und Alexandra Kollontaij zeigen, bleiben in der Diskussion
um Frauen als Mütter und Berufstätige immer noch aktuell. In ihrer
"Food-Novel" einer McTower's- Maid schildert Martha Rosler humoristisch
den Alltag einer Angestellten der Fastfoodkette McTower. Die Angestellte
entwickelt gewerkschaftlich-kämpferische Ambitionen zur Verbesserung des
Massenessens. In Malika Ziouechs Politmusical "Alle für Arbeit" erfährt der Zu-schauer
etwas über das Schicksal einer studierten Frau, die wie so viele unserer
Gesellschaft, schließlich auf der Suche nach irgendeinem Job ist, und so
oft kläglich an den absurden Anforderungen eines 0815-Jobs scheitert, bis
sie schließlich zu kriminellen Handlungen greift und den Arbeitsminister
erpresst. Die dänische Künsterinnengruppe Kvinder på Værtshus (Frauen im
Wirtshaus) hat vor dem Hintergrund sexualisierter Autowerbungen eine
"Sextour im Autoland" entwickelt, die die BesucherInnen per
Telefonnummer, Freecards und Plakat auffordert, sich 10 Fragen zum Thema
Einsatz von männlicher und weiblicher Sexua-lität in der Werbung Gedanken
zu machen. Die Künstlerin Margit Czenki beobachtete männliche Barkeeper
in einem Hambuger Kaffeehaus, wie sie mütterliche Handlungen des
Milchaufschäumens liebevoll ausführen. Der Blick weiblicher
Serviererinnen ergänzt in Leipzig die Installation. Angela Bulloch
thematisiert mit gefundenen Regeln der "rules-series" das Regelwerk einer
Gesellschaft, die ohne Ordnungsprinzipien nicht auskommt. Herausgenommen aus dem Alltag führen die ^ÄRules^Ó eines Stripperinnen-Saloons in New
York City in der Ausstellung als eine An-sammlung harter
Arbeitsbedingungen im Alltag der "baby-dolls" vor. Ein Bild von harter
körperlicher Arbeit wird in ihrer Arbeit ^ÄWorking Manicure^Ó
thematisiert. Die Künstlerin läßt allen MitarbeiterInnen der GfZK für die
Eröffnung schwarze Fingernagelspitzen malen.

Kategorien:
Kunst | Zeitgenössische Kunst |  Ausstellungen im Bundesland Sachsen | Ort:  Leipzig |
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