Keramikmuseum Staufen
79219 Staufen im Breisgau
Wettelbrunnerstraße 3

Magische KristalleMagische Kristalle

Laufzeit: 03. Februar 2018 bis 30. November 2018

Die Kristallglasur gilt als der Olymp der keramischen Glasuren. Nur wenige Keramiker beherrschen die Kristallbildung. Notwendig dafür sind eine perfekt eingerichtete Werkstatt und ein präzises methodisches Vorgehen in chemischer und physikalischer Hinsicht. Dennoch ist der Herstellungsprozess unberechenbar. Kleinste Abweichungen von der Rezeptur führen dazu, dass die Bildung der Kristalle verhindert wird und Ausschussware entsteht. Das macht die gelungenen Exemplare so kostbar und einzigartig. Ab 3. Februar widmet sich das Badische Landesmuseum in seiner Ausstellung „Magische Kristalle“ im Keramikmuseum Staufen dieser außergewöhnlichen Dekor-Technik.

Die Entstehung der Kristalle wird in erster Linie durch Einsatz von Metalloxiden – z. B. Zink oder Rutil – erreicht, die als so genannte Kristallbildner wirken. Weitere Komponenten bei der Kristallbildung sind eine dünnflüssige Glasurschmelze und eine hohe Endtemperatur beim Brennen. Dann folgt eine extrem lange Abkühlphase. Dabei wachsen die Kristalle langsam rund um einen mittleren Kern. Durch das Auftragen vieler Glasurschichten und mehrmaliges Brennen gibt es unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Das „Züchten“ von Kristallen unterliegt einer Vielzahl von Faktoren. So hält das Ausräumen des Ofens für den Betrachter jedes Mal viele Überraschung-en bereit.


Der Grund für die Wertschätzung der Kristallglasur liegt in ihrem faszinierenden Farbenspiel und ihrem Aussehen: So können Kristalle wie Sterne, Blumen, eisblumenartige Gebilde, Schneeflocken, nadelige oder radialstrahlige Aggregate, Würmer, Vulkanausbrüche oder wie ganze Galaxien aussehen. Manchmal sind die Kristalle wie ein Teppich miteinander verschmolzen, manchmal nur einzeln hier und da verteilt – wie Reste einer bereits erfolgten Explosion.



„Erfunden“ wurde die europäische Kristallglasur in der Epoche des Jugendstils. Beim Austesten der Mattierungsmöglichkeiten mit Zinkoxid traten in den großen, langsam abkühlenden Brennöfen jener Zeit Glasur-Entglasungen auf. Mit der Zeit entdeckte man, dass die ursprünglich unerwünschten Glasurfehler sehr ästhetisch sind. Da die Flecken auf der Glasur blumenartige und vor allem kristalline Formen aufwiesen, wurde sie „crystallisirte Glasur“ genannt.



Führende Porzellanmanufakturen in Europa (Sèvres, Kopenhagen, Stockholm, Berlin, Paris) experimentierten weiter. In ihren Forschungslaboren entwickelten sie unter hohem finanziellem Einsatz neue Varianten der Kristalle. Trotz der unvorhersehbaren Kristallausbildung, der begrenzten Reproduzierbarkeit, der langen Brennzeiten und des teuren Energieaufwandes tüftelte man unermüdlich an der Kristallglasur, weil sie die hohen Standards der eigenen Produktionsstätte, sowohl in technischer als auch in ästhetisch-er Hinsicht, unter Beweis stellte. In Fachkreisen wurde die Entdeckung der Kristallglasuren als Sensation empfunden. Auf den internationalen Weltausstellungen wetteiferte man mit den besten Ergebnissen.


Mit der Pariser Weltausstellung 1889 kann man vom Durchbruch dieser Glasurtechnik sprechen. Die Faszination von der Kristallglasur erreichte auch den amerikanischen Kontinent. Es folgten Weltaus-stellungen 1893 in Chicago, 1900 in Paris und 1904 in St. Louis. Die ersten Kristallprodukte der Rockwood-Pottery waren so wertvoll, dass sie laut Berichten von Zeitgenossen sogar mit Goldmünzen aufgewogen wurden. Indirekt zeugen diese Preise davon, wie hoch der Ausschuss war, bis einige wenige gelungene Stücke in den Verkauf kamen.



In der Zwischenkriegszeit versuchte man Methoden zu entwickeln, um die Kristallglasur in einem serienmäßigen Herstellungsprozess entstehen zu lassen, was letztendlich nicht gelang. Nach 1945 experimentierten Richard Bampi und Herbert Griemert mit dieser Technik. Weitere Künstler der so genannten Studiokeramik schlossen sich diesen Experimenten an. Allerdings blieb die Kristallglasur weiterhin nur auf einzelne Stücke mit Unikat-charakter beschränkt. Das Ehepaar Angelika und Gerd Panten gehört zu den wohl bekanntesten zeitgenössischen Vertretern. Das Badische Landesmuseum erwarb in diesem Jahr speziell für die Sonderausstellung einige Objekte direkt aus der Werkstatt Panten. Den Arbeiten des Ehepaares wird ein gesamter Raum gewidmet.

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