frucht und faulheit
Laufzeit: 22. Juni 2017 bis 20. August 2017
Die Ausstellung "frucht & faulheit" stellt den Versuch einer Analyse und Orientierung dar. Sie versammelt Arbeiten junger brasilianischer Künstler*innen und blättert währenddessen in Schriften der brasilianischen Moderne von Mario und Oswald de Andrade. Der Modernismo wurde während der "Woche der modernen Kunst" im Februar 1922 in São Paulo ausgerufen und stellt sich gegen einen importierten Symbolismus und Parnassianertum indem er sich einer landesüblichen, der gesprochenen Sprache anlehnenden Schreibweise und Rhetorik bedient und sich so gegen den Wortschatz und Satzbau Portugals behaupten möchte. Statt sich einer Diktatur der Logik zu unterwerfen, gebrauchen die Autoren Erzählungen der indigenen Bevölkerung und mischen Mythen mit magischem Realismus.
Die Ausstellung verfolgt die ästhetischen Spuren von Mario de Andrades "Macunaíma" (1928) und Oswald de Andrades "Anthropophages Manifest" (1928) in der zeitgenössischen Kunst Brasiliens. Während es den Autoren um die Entwicklung eines eigenständigen Bewusstseins ging, um die Begründung eines tropischen Regionalismus, um ein Manifest zur Etablierung des Charakters Brasiliens gegenüber den kolonialen und kapitalen Einflüssen Europas, stellt sich in der Gegenwart einerseits die Frage, was aus diesem Versuch geworden ist – und wie künstlerische Äußerungen zu den Deklarationen der Moderne aussehen könnten.
Die in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und Künstler, Carla Chaim, Adriano Costa, Bárbara Wagner und Benjamin de Burca, Carlos Vasconcelos und Pedro Wirz arbeiten in unterschiedlichen Medien und an verschiedenen Orten. Sie reflektieren – ohne dabei einen repräsentativen Anspruch zu hegen – die Heterogenität einer Kulturnation. Ihre Arbeiten oszillieren zwischen Natur und Kultur, zwischen Wildnis und Zivilisation, konkreter Form und überwucherndem Chaos, zwischen Katholizismus, Candomblé und Cachaça.
"frucht & faulheit" ist träge, verdorben, phlegmatisch und ungenießbar. "frucht & faulheit" ist saftig, nährend, erfrischend und voller Reize. Die Ausstellung untersucht im Kontext des (post-)kolonialen Brasiliens das Finden und Schaffen von Identität, das Erzählen von der Magie der Natur, der Mystik des Fortschritts und des (falschen) Zaubers des Kapitalismus. Teil der Ausstellung ist ein lesbare Posteredition mit Texten der brasilianischen Lyriker Adelaide Ivanóva und Richardo Domeneck mit einer Einführung von Oliver Precht, die im Verlag Hamann von Mier erscheint und zusammen mit einem Soundtrack der brasilianischen Musikerin Karina Buhr präsentiert wird.
Zur Museumseite: Städtische Kunsthalle München / Lothringer 13
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