Museum St. Wendel
66606 St. Wendel
Wilhelmstraße 11

Horst Linn: Über – Blick

Laufzeit: 02. September 2016 bis 23. Oktober 2016

Die Ausstellung im Museum St. Wendel mit Werken von Horst Linn gibt einen „Über-Blick“ über das gesamte Schaffen des Bildhauers vom Beginn der 1960er Jahre bis in die Gegenwart. Der Schwerpunkt liegt auf den plastischen Arbeiten aus Metall, begleitet von ausgewählten Exemplaren aus Karton, von Zeichnungen und Kunstpostkarten.

Ausgehend von den seit 1961 entstandenen Kupferreliefs, deren geknautschte und mechanisch bearbeitete Oberflächen eine unregelmäßige Dynamik aufweisen, führt der Weg über die bereits strengeren, vertikal oder diagonal geknickten Spiegelobjekte aus poliertem Chromstahl oder Aluminium hin zu den systematischen Faltreliefs aus meist unbehandeltem Metallblech und den Objekten aus Winkelstahl. Nach den von der jeweiligen Raum- und Lichtsituation abhängigen Spiegeleffekten der silbrig glänzenden Oberflächen ist für Linn in diesen konstruktiv konzipierten Objekten gerade farbliche Neutralität besonders wichtig, da sich so Materialeigenschaften und Formveränderungen authentischer zeigen können. Die Arbeiten entwickeln sich von einer geometrischen Grundfläche aus in den Raum. Aus planen Rechtecken werden dreidimensionale Parallelogramme. Der Herstellungsprozess der gleichmäßig gefalteten Reliefs lässt sich vom Betrachter rückläufig nachvollziehen. Der Künstler legt Wert auf den industriellen Charakter seiner Werke. Ihm geht es um die Umwandlung eines Industrieproduktes in ein ästhetisches, lebendig pulsierendes Gebilde, ein Kunstwerk. In den Winkelstücken gewinnt aufgrund der Materialreduktion die tragende Wandfläche an Bedeutung. Die linearen Konstruktionen öffnen das Objekt in den Raum – eine Tendenz, die in den Werken ab den 1990er Jahren zum Hauptthema aufsteigt.

Nach den geschlossenen Flächen der durch einfache Umklappungen resultierenden Flachreliefs liefern die aus schmalen farbigen Metallbändern aufgebauten späteren Arbeiten Durchblicke auf die Wand und Einblicke in den Raum hinter den Formen. Einfachheit und Einprägsamkeit sind kaum zu überbieten, und doch verblüffen diese klaren Strukturen. Linn spielt mit der Doppeldeutigkeit von Fläche und Raum und bringt dadurch unsere Sehgewohnheiten ins Wanken. Je nach Standpunkt verändert sich der Bildeindruck: Was zunächst flach wirkte, gewinnt auf einmal an Tiefe. Was räumlich erschien, zeigt sich von der Seite betrachtet nicht selten als reine Fläche. Linns Methoden der Formveränderung offenbaren Sinn für Humor. Seine treffsicheren Pointen machen bewusst, wie vieldeutig auch das Wenige sein kann. (Text: Petra Wilhelmy)

Zur Museumseite: Museum St. Wendel

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