Staatsgalerie Stuttgart
70173 Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 30-32

Christian Marclay – Shake Rattle and Roll

Laufzeit: 10. Oktober 2015 bis 02. März 2016

In der künstlerischen Praxis Christian Marclays ist die Beschäftigung mit Klang zentral, aus der er in den vergangenen 30 Jahren ein komplexes Werk geschaffen hat. Seine Videos, Installationen und Performances werden von der Beziehung zwischen Musik und bildender Kunst geprägt. Musique Concrète, akusmatische Musik, Do-it-Yourself-Strategien von Punk und insbesondere Fluxus haben seine Arbeit dabei maßgeblich beeinflusst. Marclay, 1955 in San Rafael, Kalifornien, als Sohn US-Schweizer Eltern geboren, wuchs in Genf auf und lebt derzeit in London.

Für die Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart knüpft der amerikanisch-schweizerische Künstler Christian Marclay an die hauseigenen Bestände des Archivs Sohm an, das zu den weltweit umfangreichsten Sammlungen von Fluxus gehört. Marclay ist bildender Künstler, Musiker und gilt als Pionier des Turntablism, eine Form, bei der Schallplatten mit einem Plattenspieler manipuliert und Töne neu zusammengesetzt werden. Seine erste museale Einzelausstellung in Deutschland kreist um Aspekte des Spielerischen wie Zufälligen in Verbindung mit dem Musikalischen.

Im Mittelpunkt steht dabei seine 16-Kanal-Videoinstallation »Shake Rattle and Roll (Fluxmix)« von 2004. Spielerisch geht er darin den akustischen Möglichkeiten von Fluxus-Auflagenarbeiten auf den Grund, die in Form von Partituren für Events, interaktiven Schachteln und Spielen, Zeitschriften und Filmen angeboten wurden. In liebevoller Respektlosigkeit aktiviert Marclay die Multiples über die ursprünglichen Intentionen und Handlungsanweisungen hinaus vor allem akustisch. So treibt er – trotz konservatorischer Geste (weiße Handschuhe, neutraler, steriler Hintergrund) – durch antikonservatorische Handhabung, Schütteln, Klappern und Rütteln, die museale Entkontextualisierung und Institutionalisierung der antimuseal gedachten Objekte auf die Spitze. »Shake Rattle and Roll (Fluxmix)« gipfelt in einer fulminanten wie augenzwinkernd institutionskritischen Kakophonie.

Kontrapunktisch dazu und eigens für die Ausstellung produziert Marclay auch ein neues Video. Ausgangspunkt dafür ist eine klangbasierte Arbeit aus dem Archiv Sohm des Schweizer Künstlers Dieter Roth (1930-1998), der selbst eine avantgardistische Position in der Entgrenzung der Künste einnimmt.

Erfahrbar wird in der Ausstellung, wie grundlegend für Marclay Prozesse der Entstehung seiner eigenen Werke auch in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern, Musikern und dem Publikum sind. Dies gilt etwa auch für seine Arbeit »Chalkboard« (2010), einer wandfüllenden Tafel mit Notenlinien, auf der die Besucher mit Kreide und Schwamm komponieren können. Für Performances eingeladene Musiker interpretieren die so im Laufe der Ausstellung entstehenden Tonstücke aus Noten, Sprüchen oder Kritzeleien.

Ergänzend zeigt die Staatsgalerie Stuttgart vom 3. bis 29. November 2015 in ihrer Reihe Videobox »Silent Cinema« Christian Marclays Video »Mixed Reviews (American Sign Language)« (1999/2001), in dem ein gehörloser Schauspieler einen auf gesampelten Musikkritiken basierenden Text mit seiner ausdrucksvollen Gestik und Mimik ausgesprochen musisch interpretiert.

Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt vom 15. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016 Marclays »Video Quartet« (2002). Diese Vierkanal-Videoinstallation setzt sich, dem Found-Footage-Prinzip folgend, aus berühmten Filmsequenzen der Kinogeschichte von den 1920er-Jahren bis heute zusammen. Der Künstler verbindet hier disparate Elemente, bei denen Musik oder einzelne Töne im Vordergrund stehen, zu einer eigenen, aus mehreren Sätzen bestehenden Komposition. Die raumgreifende Arbeit zählt zu den komplexesten Werken Marclays.

»Video Quartet«, »Shake Rattle and Roll (Fluxmix)«, »Chalkboard« und »Mixed Reviews (American Sign Language)« verdeutlichen Marclays Interesse an der Frage, welche Rolle Klänge im Alltag, in der Popkultur und in der Kunst spielen, und an kompositorischen Prinzipien von Musik. Aspekte, die sich durch das gesamte Werk des Künstlers ziehen, und die die Besucher nun in Stuttgart in zwei Museen gleichzeitig kennenlernen können.

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