Khalil Rabah
Laufzeit: 08. September 2015 bis 01. November 2015
Khalil Rabah hat ein Museum, eine Fluggesellschaft und eine Branding-Agentur (PDF - Palestinian Design Force) gegründet. Er ist darüber hinaus Initiator der Riwaq Biennale, der Al-Ma´mal Stiftung zur Förderung zeitgenössischer Kunst in Jerusalem und engagiert sich dabei maßgeblich an Projekten zur Erhaltung und Aufarbeitung des kulturellen Erbes Palästinas, in Jerusalem und Gaza. Dass letztere Projekte real sind, die ersten hingegen künstlerische Behauptungen, gehört zu einem der wichtigsten konzeptuellen Ansätze in Khalil Rabahs Werk. Im praktischen und ideellen Zusammenspiel von politischem Engagement, kultureller Identitätssuche und Konzeptkunst entwickelt er einen neuen und konsequenten Denk- und Handlungsraum.
Khalil Rabah wurde 1961 in Jerusalem geboren und studierte Architektur und Bildende Kunst an der University of Texas, USA. Mit zahlreichen Einzelausstellungen und Biennalenteilnahmen hat der in Ramallah lebende Künstler bereits weltweit ausgestellt. In Europa gab es hingegen noch nicht viele Gelegenheiten seine Arbeit kennenzulernen. Daher freut sich das Kunsthaus Hamburg, die erste umfangreiche institutionelle Einzelausstellung des palästinensischen Künstlers in Deutschland präsentieren zu können. Zu diesem Anlass entwickelt Rabah für die Räume des Kunsthauses eine Re-Inszenierung dreier wichtiger Werkgruppen aus den letzten 20 Jahren.
2003 rief Khalil Rabah das Palestinian Museum of Natural History and Humankind als künstlerisches Konzept ins Leben. Die Abteilungen des Museums umfassen unter anderem Geologie, Paleontologie und Botanik. Mit diesem Projekt münzt Rabah die Identitätsfrage einer „Nation im Ausnahmezustand“ in eine eigenständige Narration, die sich über den Umweg der Naturwissenschaften der resignativen Perspektive auf den politischen Kontext Palästinas entzieht. Als fortlaufendes Projekt angelegt, findet das Museum je nach Ausstellungssituation und Ort neue Präsentationsformen, Ausstellungsobjekte und Themenkomplexe. Inhaltlich befasst sich das Museum in immer wieder neuen Formaten von Installation, Malerei bis zu Skulptur z. B. mit der Diskussion über eine „Neue Geopolitische Wissenschaft“ oder auch der Forderung von Bürgerrechten für Olivenbäume.
Kennzeichnend für Rabah’s Arbeitsweise ist die Adaption institutioneller Vermittlungsmedien wie Museumsbroschüren, Einladungskarten oder Anschauungsmodellen, die er in seinen Installationen in Form von Kunstobjekten aufgreift oder neu entwirft. Mit diesem Mittel macht er sich zu Nutze, dass Institutionen wie Museen aber auch Fluggesellschaften oder Kulturstiftungen nicht alleine in Form ihrer realen Existenz (Gebäude, Mitarbeiter, Tickets) Bedeutung haben, sondern die mediale Vermittlung (Kataloge, Fotos, Nachrichtenberichte) einen ebenso wichtigen Teil an der Wirkungsmacht dieser Einrichtungen einnimmt. In diesem Sinne kreiert er in seiner Kunst reale „Repräsentationen“ und manifestiert damit die Existenz von Institutionen, die in einem politischen Kontext wie Palästina der Unmöglichkeit ausgeliefert sind.
Neben Teilen seines fiktiven Museums ist in der Ausstellung unter anderen auch die Arbeit Another geography (2009 – 2012) zu sehen. Sie besteht aus Ansichtskarten historischer palästinensischer Gebäude, die vom Verfall bedroht sind. Die 40 unterschiedlichen Motive sind in der Ausstellung in kleineren und größeren Stapeln aufgetürmt, so dass sie an eine zerklüftete Landschaftsarchitektur erinnern. Indem die Besucher die Postkarten mitnehmen können, spiegeln die im Laufe der Ausstellung kleiner werdenden Stapel die Erosion und das sukzessive Verschwinden der historischen Architektur. Das Thema der kunst- und kulturhistorischen Einschreibung der palästinensischen Kultur, und damit die latent thematisierte Frage nach der Möglichkeit einer eigenen Geschichte und Identität jenseits des Konfliktes, ist wiederkehrendes Motiv in den Arbeiten des Künstlers.
Mit der ebenfalls in der Ausstellung gezeigten Arbeit The United States of Palestinian Airlines (USPA) öffnete Rabah in den vergangenen Jahren unter anderem in London, Beirut oder Kuweit Reisebüros. Mit wenigen Hinweisen wie einem repräsentativen Logo, einer Anzeigetafel, einem dekorativen Modellflugzeug und einem Ticketschalter entwirft Rabah nicht nur die Fiktion einer Fluggesellschaft, sondern vielmehr die Fiktion der Existenz seines eigenen Landes.
Zur Museumseite: Kunsthaus
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