DIANGO HERNÁNDEZ | EUGENE

Laufzeit: 30. Juni 2015 bis 06. September 2015

Wenn der Pessimist behauptet, dass sich das Reisen nicht lohnt, nehme man sich selbst doch überall mit hin, dann schicken die sinnlich aufgeladenen Installationen, Materialassemblagen, Zeichnungen, Fotografien und Bilder von Diango Hernández ihre Betrachter auf solche Reisen, deren imaginatives Potenzial beides anbietet: außer sich zu sein und dabei ganz bei sich zu bleiben.

Die künstlerische Praxis und der Bildkosmos von Diango Hernández stehen unmittelbar im Zusammenhang mit seiner kubanischen Herkunft und Sozialisierung: 1970 in Sancti Spiritus geboren, lebte Diango Hernández bis 2003 in dem karibischen Inselstaat, den er zur Bewahrung der kubanischen Staatsbürgerschaft noch heute regelmäßig besucht. Nach dem Industriedesignstudium in Havanna hat Diango Hernández 1994 das Künstlerduo Ordo Amoris Cabinet gegründet, das aus der Erfahrung sozialistischer Mangelwirtschaft defekte und nutzlos gewordene Alltagsgegenstände zu neuen Objekten oder Rauminstallationen sampelte. Diese Technikbricolagen überraschten mit einer ganz eigenen, faszinierenden ästhetischen Qualität, die für die künstlerische Werkentwicklung von Diango Hernández prägend werden sollte.

Anlass oder Bestandteile der Arbeiten von Diango Hernández sind häufig solche Fundstücke, die mit der Gedankenwelt sozialistischer Ideologie behaftet sind. Gleichzeitig real und entrückt verwirbeln sie die Grenzziehungen zwischen funktionalem Design und Bildender Kunst, zwischen dem sozialen Potenzial angewandter Kunst und freiem Denken in der Wahrnehmung autonomer Kunstwerke. Ihre Rotationsenergie beziehen diese Arbeiten aus den Enttäuschungen und Ängsten, aber auch aus den Fantasien, Hoffnungen und Visionen, die Diango Hernández, der heute in Düsseldorf lebt, mit seiner Heimat Kuba verbinden mag. Dass diese Heimat womöglich allein in der individuellen Vorstellung siedelt, um von dort aus fern jeglicher Logik Intimes und Allgemeines, Fiktion und Realität, Utopie und Alltagspraxis gleichberechtigt nebeneinander zur Ansicht zu bringen, davon zeugen nicht zuletzt die neuen Installationen in der Kunsthalle Münster.