Glanz und Grauen - Mode im "Dritten Reich"

Laufzeit: 29. März 2015 bis 01. November 2015

Die Uniformen der Hitlerjugend oder die fließenden Roben einer Zarah Leander - sie gelten als typisch für die Zeit des Nationalsozialismus. Aber wie sah die Kleidung der 1930er und 40er Jahre wirklich aus und was hat Mode mit Politik zu tun? Antworten gibt die Ausstellung "Glanz und Grauen", die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 29. März bis 1. November 2015 in der Spinnerei seines Textilwerks Bocholt präsentiert.

Das glamouröse Abendkleid von Zarah Leander, die schnittige Nazi-Uniform, Menschen in Dirndl oder Lederhose – diese Klischees prägen unsere Vorstellung von der Mode der 1930er und 1940er Jahre. Aber wie sah die Alltagskleidung wirklich aus? Wie hat die NS-Führung Einfluss auf die Bekleidung genommen? Diesen Fragen geht die Ausstellung „Glanz und Grauen“ nach. Sie zeigt, wie das Regime Mode als Mittel nutzte, um die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ zu definieren und unerwünschte Gruppen auszugrenzen.

Für Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums, liegt eine Stärke der Ausstellung auch darin, dass sie die Perspektive und Realität der kleinen Leute sichtbar macht - Ergebnis eines begleitenden Forschungsprojektes, bei dem Zeitzeugen befragt, Quellen gesichtet und textile Objekte untersucht wurden. "Die früheren Besitzer brachten mit den Kleidern auch Fotos, Erfahrungen und Geschichten mit in das Projekt ein. Das ist eine Form der Partizipation, die ganz in unserem Verständnis vom Museum als Forum der Gesellschaft liegt", so Zache.

So gibt es neben Abendroben auch viel Alltagskleidung zu sehen. Das Spektrum der gezeigten Stücke reicht bis hin zu kurzen Cordhosen, karierten Hemden, Pullundern, bestickten Kleidern, Kitteln und Spielhöschen für die Kleinen. Hinzu kommen Uniformen des Bund deutscher Mädel und der Hitlerjugend, aber auch die Kluft der widerspenstigen Jugendlichen, der Swings und der Edelweiß-Piraten. Daneben werden die Vorbilder vorgestellt, an denen sich die Mode orientierte: die Frauen-Zeitschriften, die Eleganz der Welt des Kinos und die NS-Prominenz.

Auch Spar-Appelle des Regimes und Materialknappheit hatten Einfluss auf die Mode. Es war aber nicht bloß "Resteverwertung", die die Alltagsmode jener Zeit prägte. Vielmehr sorgte ein komplexes System von Dresscodes - neben anderem - für Teilhabe an oder Ausgrenzung von der sogenannten "Volksgemeinschaft". Martin Schmidt, wissenschaftlicher Referent des Textilwerks: "Die Ausstellung macht deutlich, wie die nationalsozialistische Diktatur den Konsum und die Herstellung von Kleidung - jenseits der Klischees von Dirndl, Lederhose und Uniform - für den Umbau der Gesellschaft und die Sicherung der eigenen Macht instrumentalisierte. Es waren eben nicht nur die Uniformen oder Parteiabzeichen. Auch auf andere Weise schuf Kleidung eine sichtbare Einheit und demonstrierte: Wir gehören zur 'Volksgemeinschaft‘. Erst spät diktierte die Regierung 'Judensterne‘ als textile Kennzeichen für eine ganze Bevölkerungsgruppe, die sie ausgrenzte."

Trugen die Menschen, was ihnen gefiel oder beeinflusste das Regime die Auswahl und die Art der Kleidung? Einerseits unterlag Mode auch während des Nationalsozialismus internationalen Einflüssen: Sie war feminin und figurbetont. "Die Filmstars glänzten mit langen Kleidern, edlen Stoffen und aufwendigen Schnitten. Andererseits waren Rohstoffe knapp und Textilien Mangelware; die Nazis verordneten Spinnstoffsammlungen und Kleiderkarten", so Kuratorin Claudia Gottfried vom LVR-Industriemuseum. Die Nazis versuchten, die Materialknappheit auch durch Enteignung der Juden zu lindern. Die beschlagnahmte Kleidung wurde - als Gut aus "Kleidersammlung" getarnt - regimetreuen "Volksgenossen" zur Verfügung gestellt. Deutsche Soldaten beuteten zudem die besetzten Gebiete aus und sandten Kleidung in großen Mengen nach Hause.

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