Naneci Yurdagül / Burquoi
Laufzeit: 04. November 2012 bis 16. Dezember 2012
Hintersinnig und ironisch reflektiert Naneci Yurdagül in seiner Arbeit gesellschaftliche, soziale und politische Gegebenheiten und deren Wandel, die immer auch Spuren seiner eigenen Biographie sind. Einen Schwerpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung bilden dabei Themen um nationale und religiöse Identität, Migration, gesellschaftliche Exklusion, kulturelle Aneignung und Misstrauen, die er konstant aufgreift und kritisch verhandelt, nicht selten in Bezug auf aktuelle öffentliche Debatten, um in den gesellschaftlichen Diskurs einzugreifen. Seine künstlerischen Ausdrucksformen umfassen nahezu alle Medien wie Performance, Film, Malerei, Fotografie, Skulptur und Installation, mit denen er gezielte Impulse setzt. Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden freut sich, die erste institutionelle Einzelausstellung des Künstlers in Deutschland auszurichten.
Für Wiesbaden konzipiert Naneci Yurdagül aus mehreren Installationen einen Rundgang, der das Phänomen kultureller Aneignung musterhaft in den Mittelpunkt rückt und neue Perspektiven auf vermeintlich Fremdes eröffnet, indem Vertrautem der Spiegel vorgehalten wird. Die Ausstellung, vom Künstler als Erlebniswelt konzipiert, kann vom Publikum ausschließlich in Burka besucht und erfahren werden. Allein ein Raum der Ausstellung, der sich an Keith Harings Idee des Pop Shop anlehnt und in dem Editionen des Künstlers käuflich erworben werden können, ist für die Besucher ohne Burka zugänglich. Auf diese Weise zieht Yurdagül ironisch eine Grenze zwischen weltlicher und göttlicher Örtlichkeit. Als formalen Ausgangspunkt für den Ausstellungsrundgang wählt der Künstler die 2011 mit dem Linklaters-Prize der Städelschule ausgezeichneten Arbeit Portrait of Allah Porträt von Gott, die bereits 2010 in einer Version im Kunstverein zu sehen war. Das religiöse Dogma des Bilderverbots, was einst alle monotheistischen Religionen einte, kulturell jedoch verschiedene (künstlerische) Ausprägungen hatte und seit Jahrhunderten und bis zum heutigen Tag Konfliktpotenzial birgt, wird in seiner Ausstellung 2012 zum gesellschaftlichen Abbild. Im Zuge der Diskussionen um die Karikaturen des Propheten Mohammed, greift Yurdagül mit Portrait of Allah die Frage nach den im Islam darstellenden Methoden des Göttlichen der bildenden Kunst und Musik auf und knüpft damit eine lange Darstellungstradition an, die die Schönheit des mathemaischen Prinzips in den Mittelpunkt rückt und ohne Bilder auskommen muss.
Das durch die Burka anonymisierte Eintauchen in die künstlerische Erlebniswelt wird erstmals gebrochen im eigens für die Ausstellung in ebenfalls islamischer Bildertradition und Zahlenmystik konzipierten Spiegelsaal. Hier erkennt man sich zwar selbst, und doch wirkt das Abbild ungewohnt entfremdet und entrückt.
Im anschließenden nahezu weißen Raum wird die Sprache zum Kunstgriff: Eine dezente Wandarbeit komplettiert sich erst im Zusammenspiel mit der Betitelung, und wird einer Neukonnotation unterzogen.
Seinen Ausstellungsrundgang beschließt Yurdagül im letzten Raum profan: Mit der Skyline New Yorks, die Zivilisation, Freiheit und Wachstum einerseits repräsentiert, andererseits für den Kampf der Kulturen steht und angesichts dessen sich das Publikum bei einem Tee fragen kann, in welcher Welt es leben will.
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