Stillleben nach dem Exodus
Fotografien von Peter Jacobi

Laufzeit: 03. Juli 2009 bis 30. August 2009

Das fotografische Werk von Prof. Peter Jacobi steht im Mittelpunkt der Ausstellung, die dem baulichen Erbe der deutschen Siedlungsgebiete im Banat und in Siebenbürgen gewidmet ist. Der Künstler zeigt großformatige Aufnahmen einer Kulturlandschaft aus dem östlichen Mitteleuropa. Jacobi besuchte monatelang über 200 Ortschaften und dokumentierte den Erhaltungszustand der Kirchenensembles. Gestaltung und Umsetzung der Ausstellung in großformatigen Aufnahmen sind das Ergebnis dieser Reisen. Er tat dies mit der Genauigkeit eines Forschers, aber auch mit dem Gefühl und der Leidenschaft des Künstlers, der sich um den angemessenen Erhalt dieser Kulturlandschaft bemüht.

In erster Linie ist Peter Jacobi Bildhauer. Er belegte nach seinem Studium an der Kunstakademie in Bukarest zwischen 1971 und 1998 eine Professur an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Großplastik auf dem Olympiagelände in Peking; zurzeit arbeitet er unter anderem an dem ersten Nationalen Holocaustdenkmal für Bukarest (Rumänien). In über 40 Schaffensjahren hat der 1935 in Ploiesti geborene Künstler Jacobi jedoch ein vielseitiges Werk hervorgebracht, zu dem neben Skulpturen und Tapisserien textile Objekte und Fotografien gehören.
Dem im Jahre 1970 emigrierten Künstler war es ein Bedürfnis, nach langen Jahren der Abwesenheit die Verbindung mit Rumänien wieder aufzunehmen. Nach ersten erfolgreichen Ausstellungen in seinem Geburtsland begann Jacobi 2004-2005 eine Dokumentation von 210 siebenbürgischen Wehr- und Bauernkirchen, sowie von evangelischen Kirchen aus dem Banat. Die Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen stellen ein historisches und kulturelles Erbe von unschätzbarem Wert dar, welches nach dem Massenexodus der deutschen Bevölkerung Rumäniens massiv bedroht ist. In Folge der Auswanderung seit Ende des Zweiten Weltkrieges und unter dem kommunistischen Regime sind zahlreiche ehemals deutsche Gemeinden entvölkert. So können die Kirchen, von denen einige bereits im 12. Jahrhundert erbaut wurden, weder ihre Bestimmung erfüllen, noch weiter instand gehalten werden. Monatelang fuhr Jacobi durch weit abgelegene Ortschaften und hat mit Hilfe einheimischer „Reiseleiter“ die Denkmäler der Region erkundet. Durch ihre außerordentliche Geschichte und Gestalt sind die Ensembles (Kirche, Schulhaus, Lehrerwohnungen, Kindergarten, Gemeindesaal) einmalig in der Welt. Als Ergebnis entstand eine Dokumentation, die die Ansprüche historischer und anthropologischer Forschungen erfüllt. Es liegt eine Fotosammlung vor, die – im Gegensatz zu anderen Darstellungen – nicht die Einmaligkeit und Schönheit der Kulturlandschaft Siebenbürgens und des Banats vor Augen hat und dem Besucher präsentiert, sondern die Folgen der Nichtnutzung, Nichtinstandsetzung und des fortgeschrittenen Verfalls in den Vordergrund stellt. Jedes Gebäude wurde detailliert aufgenommen, beschrieben und vor allem auf Verfallzustände hingewiesen. So wurde der allgemeine Zustand der Bausubstanz, des Daches, der Altäre und der Orgel, aber auch anderer dazugehörender Gebäude beschrieben. Eventuell noch vorhandenes wertvolles Kirchengerät wurde gesammelt, Restaurierungsarbeiten wie auch verschwundene Gegenstände verzeichnet. Damit hat Jacobi eine einmalige Quelle für den Denkmalschutz geschaffen. Seine Bilder stellen zum Großteil „vorgefundene“ Installationen dar, die er mit seinem geschulten Blick in unerprobten plastischen Effekten entdeckt. Undichte Dächer der Kirchen lassen auf Jacobis Bildern Lichtschimmer in die dunklen Speicherräume fallen, allgemein nicht zugängliche Bereiche der Baudenkmäler liefern reiches Material. In einigen wenigen evangelischen Kirchen, die von orthodoxen Gemeinden übernommen wurden, erscheinen einzigartige kulturelle Überschneidungen, die für den Künstler von besonderem Interesse sind. In den Vordergrund tritt jedoch immer die Idee des Niedergangs, der Verlassenheit, in einem Raum, in dem die Auflösung noch nicht begonnen hat, in dem aber das Leben museal erstarrt ist.

Kategorien:
Architektur | Fotografie |  Ausstellungen im Bundesland Baden-Württemberg | Ort:  Ulm |
Vergangene Ausstellungen
2020 (1)
2019 (3)
2018 (8)
2017 (4)
2016 (4)
2015 (3)
2014 (4)
2013 (6)
2012 (8)
2011 (8)
2010 (6)
2009 (9)
2008 (5)
2007 (3)
2006 (7)
2005 (6)
2004 (5)
2003 (4)
2002 (5)
2001 (3)
2000 (1)
Änderungen / Ausstellungen melden

Sie wollen Änderungen oder Ergänzungen zu Donauschwäbisches Zentralmuseum mitteilen?

 Ausstellung melden  Ausstellungsbild senden  Museumsbild senden  Andere Änderungen  10 Highlights zeigen