Verstummte Stimmen
Laufzeit: 05. Oktober 2008 bis 07. Dezember 2008
Vom 5. Oktober bis 7. Dezember 2008 wird die zweiteilige Ausstellung zur Vertreibung jüdischer Künstler aus der Oper von 1933 bis 1945 in der Staatsoper Stuttgart sowie im Haus der Geschichte Baden-Württemberg zu sehen sein.
Die erstmals 2006 im Auftrag des Hamburger Abendblatts mit der Hamburgischen Staatsoper produzierte und von dem Historiker Hannes Heer, dem Musikjournalisten Jürgen Kesting und dem Gestalter Peter Schmidt realisierte Ausstellung widmet sich einem kaum untersuchten und nie zusammenhängend dargestellten Kapitel aus dem Dritten Reich: der Vertreibung jüdischer und oppositioneller Künstler aus deutschen Opernhäusern. Die Ausstellung leistet einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Stuttgarter Oper und des baden-württembergischen Musiklebens in der Zwischenkriegszeit und in den Jahren 1933 bis 1945.
Ein besonderes Augenmerk richtet die Wanderausstellung auf die Geschichte der Stuttgarter Oper und deren vertriebene Ensemblemitglieder. Einige dieser Fälle sind bekannt, wie die politisch bedingte Entlassung des Generalintendanten Albert Kehm, des Verwaltungsdirektors Otto Paul, der Sängerin Ernestine Färber-Strasser oder die rassisch motivierte Vertreibung des Regisseurs Harry Stangenberg und des Baritons Hermann Weil.
Die Ausstellung wird rund 20 weitere Schicksale verfolgter Ensemblemitglieder rekonstruieren, darunter die der Sängerinnen und Sänger Ernestine Färber-Strasser, Hermann Horner und Reinhold Fritz, der Chormitglieder Max Heinemann, Leon Aschil, Elsa Reder und Erna Both, der Chortänzerin Suse Rosen, des Orchestermusikers Julius Brauer und des Korrepetitors Fritz Rothschild. Ebenfalls wird an das Schicksal der verfolgten Schauspielerinnen und Schauspieler Eva Heymann, Ernst Waldow und Fritz Wisten erinnert. Auch deren Stimmen verstummten.
Der größere, überregionale Teil der Ausstellung, der die 44 Biographien prominenter Verfolgter, vier Hörtürme mit Musikproben der Künstler und einen zeitgeschichtlichen Überblick umfasst, wird im Haus der Geschichte im Galeriesaal präsentiert. Unter den Lebensgeschichten finden sich Künstler meist jüdischer Herkunft, darunter die Komponisten Arnold Schönberg, Kurt Weill, Viktor Ullmann, die Dirigenten Fritz Busch, Otto Klemperer, Bruno Walter oder die Sängerinnen und Sänger Gitta Alpár, Vera Schwarz, Delia Reinhardt, Lydia Kindermann, Richard Tauber, Joseph Schmidt, Friedrich Schorr, Emanuel List, deren Stimmen oder Musiken durch die antisemitische und politische Verfolgung damals verstummten. Aber auch nichtjüdische Musikschaffende wurden vertrieben oder entschieden sich aus Protest für das Exil, wie die Schicksale von Paul Hindemith, Ernst Krenek oder Lotte Lehmann demonstrieren.
Die Ausstellung zeigt, dass diese Verfolgung schon in den Jahren der Weimarer Republik begann. Mit den Parolen Musikbolschewismus und entartete Musik bekämpfte man Jazz, atonale Musik und zeitkritisches Musiktheater. Mit dem Machtantritt Hitlers und seiner Partei am 30. Januar 1933 wurde aus diesem ideologischen Kampf eine lebensbedrohende Realität durch den Arierparagraphen, durch Zwangsorganisationen wie die Reichskulturkammer, durch Listen unerwünschter Musik und Lexika jüdischer Musiker. Die Präsentation benennt die Exekutoren dieser Politik und diejenigen, die davon profitierten. Sie beschreibt, was Exil bedeutete und wie die mörderische Maschinerie der Deportationen funktionierte.
Ergänzt wird die Dokumentation durch ein umfangreiches künstlerisches und wissenschaftliches Begleitprogramm mit Vorträgen, Filmen sowie künstlerischen Darbietungen.
Das Projekt wird finanziert von der Landesstiftung Baden-Württemberg und der ZEIT-Stiftung. Beteiligt sind neben der Staatsoper und dem Haus der Geschichte der Verein "Gegen Vergessen Für Demokratie", die Akademie für gesprochenes Wort, das Landesarchiv Ludwigsburg und die Stiftung Geißstraße.
Zur Museumseite: Haus der Geschichte Baden-Württemberg
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