Oh Girl, ItŽs a Boy!
Laufzeit: 19. Oktober 2007 bis 25. November 2007
Oh Girl, Its a Boy! spielt mit dem Titel der 1994 im Kunstverein München präsentierten Ausstellung Oh Boy, It's a Girl! Diese zählte zu den Wegbereitern der damals in neuer Form aufkommenden Debatte um Geschlechterpolitiken in der zeitgenössischen Kunst.
Ihr Verdienst war zum einen das exemplarische Aufzeigen
historischer Feminismen und ihrer Traditionen in der Kunst der 60er und 70er Jahre, zum anderen aber auch der Import aktueller anglo-amerikanischer Gender-Theorien sowie entsprechend orientierter künstlerischer Praktiken, die zu diesem Zeitpunkt im deutschsprachigen Raum kaum bekannt waren.
Oh Boy, It's a Girl! erweiterte so den im engeren Sinne feministischen Rahmen der Kritik gesellschaftlicher Geschlechterhierarchien und -repräsentationen um eine allgemeine Perspektive auf die performative Natur von sexualisierten Identitäten und gesellschaftlichen Normen. Es ging hier mit anderen Worten nicht nur um 'Feminismen in der Kunst', sondern auch um einen 'Feminismus ohne Frauen' (Leo Bersani), der in Form von Geschlechter-Travestien, Gay Politics und der Dekonstruktion normativer Strukturen des Begehrens in der Ausstellung zum Tragen kam.
Fast fünfzehn Jahre später wird die Ausstellung Oh Girl, It's a
Boy! im Horizont einer auch repräsentationspolitisch veränderten
Gegenwart die zentralen Aspekte der damals zugrunde liegenden
Debatten um Gender Politics und Gender Studies einer
kritischen Revision unterziehen, ihre Aktualität befragen und
entsprechend überdenken.
Zentral für die Wiederaufnahme der Diskussion in Oh Girl, It's a
Boy! wird vor allem der Widerstreit zwischen dem Kampf um
Anerkennung und Integration auf der einen, und der
Aufrechterhaltung identitärer Differenz auf der anderen Seite
sein. Diese politische Problematik spiegelt sich auch in der Frage
nach ästhetischen Rhetoriken ihrer Thematisierung. Hat der
erfolgreiche Kampf um Anerkennung und Integration den Wert der
Differenz verdrängt? Oder ist die Kategorie der Abweichung als
politisches Instrument obsolet geworden, nicht zuletzt weil sie
sich als unabdingbares Marketing-Tool der heutigen Lifestyle-
Ökonomien herausgestellt hat? Welchen politischen Wert könnte dann
ein neuer Begriff von 'Queerness' als 'politische Metapher ohne
stabilen Referenten' (David L. Eng) haben?
Die Ausstellung Oh Girl, It's a Boy! versucht hier zwischen
Errungenem und Verlorenem zu problematisieren und zu polemisieren:
Wie lässt sich Differenz artikulieren, wenn der Ort, von dem aus
sie praktiziert werden könnte, längst im gesellschaftlichen
Mainstream aufgegangen ist? In welcher Weise ließe sich ein
solcher Ort unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen neu
vorstellen? Welche Formen und Inhalte könnten also heute als
Ausdruck eines inkommensurablen Begehrens den allgegenwärtigen
Integrationsdynamiken widerstehen?
Oh Girl, It's a Boy! wird sich im Spannungsgefüge zwischen
Opazität und Transparenz, Verweigerung und Vermittlung, dem Ringen
um Differenz und dem Kampf um Anerkennung bewegen, um so die Frage
nach aktuellen Verschiebungen und Neupositionierungen der
Geschlechterpolitiken zu stellen.
Zur Museumseite: Kunstverein München
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