WARUM ETWAS ZEIGEN, WAS MAN SEHEN KANN?
Laufzeit: 25. Februar 2006 bis 07. Mai 2006
In Räume sind geschlechtsspezifische Differenzen eingeschrieben. Zugleich regulieren Räume Geschlechterverhältnisse. Nach wie vor wird die Kontrolle über den Körper erst durch eine kontrollierte Raumorganisation mit klaren Bewegungs- und Aufenthaltshierarchien möglich gemacht. Die Ausstellung "Warum etwas zeigen, was man sehen kann?" widmet sich verschiedenen künstlerischen Strategien der Decodierung, um bestimmte Hierarchien und
Machtmechanismen innerhalb von Körper, Architektur und Stadtplanung aufzuzeigen und zu kritisieren. Die Ausstellung setzt beim Körper und seinen geschlechtsspezifischen Codes an, sie widmet sich dem Verhältnis von Körper und Raum und hinterfragt genderspezifische Raumordnungen auch innerhalb einer Stadt.
Valie Export hat in ihrer Fotoserie der Körperkonfigurationen in der Architektur (1972-1976) mit ihrem eigenen Körper Formen vorhandener städtischer Bauten, Übergänge, Gebäudeecken sowie Treppen abgeformt bzw. gestisch kommentiert. Ihr Körper nimmt dabei die Formen auf, schwarze oder rote Übermalungen und Betonungen der aufgenommenen Figur heben die räumliche Situation hervor. Exports Körperkonfigurationen wirken wie eine Maßnahme der Hinterfragung von Dualismen wie organischen-unorganischen, weiblichen-männlichen, runden-eckigen Formen im städtischen Raum. Durch das Nachahmen untersucht bzw. verinnerlicht sie ihre Umwelt, ganz dem Motto folgend, dass man durch die Einnahme einer anderen Position Erkenntnisse erzeugt: Seit 1972 beschäftige ich mich zeichnerisch, fotografisch und aktionistisch mit der Darstellung von Körperhaltungen als Ausdruck innerer Zustände, dargestellt in der Natur wie in der Architektur, als Anpassung, Einfügung, Zufügung etc. (Export)
Die Arbeit The Boy Mechanic (1993-2006) von Kaucyila Brooke unterliegt einem inventarisierenden Konzept. Seit über einem Jahrzehnt dokumentiert die Künstlerin fotografisch, filmisch und zeichnerisch das Kommen und Gehen von Lesbenbars in Städten der USA. Es handelt sich hierbei um Orte, die in fast jeder Stadt existieren, jedoch unsichtbar gemacht sind oder bleiben. Brooke spürt in der Architektur und ganz allgemein in der Organisation von Räumen die verschiedenen Systeme auf, mit der wir Umwelt und letztlich uns selbst klassifizieren, und stellt angesichts dieser Systematiken wiederum die Frage, wie weit die so geschaffene Klarheit auch Mittel zur Repression ist und Ausgrenzung auf verschiedenen Ebenen zur Folge hat. Zum Teil handelt es sich auch um das Dokumentieren toter Relikte einer sozialen Praktik, deren räumliche Hüllen oft im Gegensatz zum Leben in ihnen stehen.
Tom Burr knüpft mit seinen Arbeiten in ähnlicher Weise wie Brooke an Orte an, die durch eine soziale Praxis entstehen, nicht jedoch als solche geplant wurden. Formal lehnt sich Burr an die skulpturale Sprache der Minimal Art an, bricht diese jedoch auf und lädt sie sinnlich auf. Im Michel Foucaultschen Sinne sind die Objekte Tom Burrs eine Untersuchung von Heterotopien, soziale Räume, die in jeder Gesellschaft existieren, aber gewissermaßen von ihr entgrenzt sind: Orte außerhalb aller Orte. Palm Beach Views (1999) ist eine Fotoserie mit Ansichten von Privathäuser umgrenzenden hohen, dichten, beschnittenen Hecken. Die Gartenwände grenzen das Private vom Öffentlichen ab. Gleichzeitig sind sie im minimalistischen Sinne beschnittene Natur, die ggf. auch als geheime Treffpunkte ihre Nutzung finden können. Hier wie auch in den Installationen The Stalls, The Screens oder Quatered geht es u.a. um skulpturale Objekte als potenziell funktionale Räume. Häufig bilden Verweise zu Filmen und Literatur weitere Referenzen in der Arbeit Tom Burrs.
Vom Körper-Raum (Porten) über die Erfahrung Körper und Architektur (Export) hin zur Nutzung von Raum in der sozialen Praxis (Brooke, Burr) geht es in dem Film Filter City (2003) von Knut Åsdam um das Verhältnis zweier Frauen im architektonischen, politischen und sozialen Umfeld einer nicht genau zu bestimmenden, sich verändernden Stadt. Städte bilden häufig die Hintergrundfolie eines Filmes. In Åsdams Film ist die Stadt selbst Subjekt, und man kann mitunter kaum zwischen dem Dialog der beiden Frauen und dem, den sie mit der Stadt führen, unterscheiden. Die Protagonistinnen sind im Zusammenhang mit den Orten mehr zu sehen als im Zusammenhang einer linearen Geschichte. Die Charaktere bedienen sich unterschiedlicher Sprechweisen: die eine aktiv, suchend, neugierig, die andere resigniert, einsam, fast depressiv. Die städtische Umgebung bildet hierbei den Spiegel des Innenlebens und ist eine fast austauschbare Matrix von Filter City.
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