August Sander, Linzer Jahre (1901-1909)
Arbeiten aus dem Frühwerk des Photographen in Österreich
Laufzeit: 10. Februar 2006 bis 07. Mai 2006
Die Ausstellung "Linzer Jahre" dokumentiert die frühe Schaffensphase des
Photographen, der vor allem durch sein Portraitwerk "Menschen des 20.
Jahrhunderts" Weltruhm erlangte. Die Zeit seiner beruflichen Anfangsjahre
wird nun erstmalig mit rund 220 Exponaten dargestellt. Neben Photographien,
die Sander u. a. als großformatige Gummi- oder Pigmentdrucke ausführte,
werden Exemplare seiner Gemälde, Korrespondenz, Rezensionen sowie Bücher
gezeigt, die seine Entwicklungsjahre näher beleuchten und die Ambitionen des
jungen Künstlers mit seinem späteren Oeuvre in Verbindung setzen.
Nur wenig bekannt war bis heute, dass August Sander bis 1909, bevor er nach
Köln übersiedelte, im oberösterreichischen Linz ein professionelles Atelier
betrieb, seine Arbeiten erfolgreich in Ausstellungen plazierte, zahlreiche
Auszeichnungen erhielt und innerhalb seines Fachs durchaus anerkannt war.
Nicht zuletzt aufgrund seiner Beteiligung am kulturellen Leben der damals
60.000 Einwohner zählenden Landeshauptstadt, war ihm ein vielversprechender
Start in einer zunächst fremden Umgebung gelungen. Ganz im Sinne der durch
die Kunstphotographie geprägten Zeit betätigte sich Sander auch als Maler
und suchte in der generellen Auseinandersetzung mit dem künstlerischen Bild,
den Stellenwert des Mediums der Photographie zu steigern. Ihre spezifischen
Einsatzmöglichkeiten und Verfahrensweisen wurden erprobt und vor dem
Hintergrund kunsthistorischer, häufig im praktischen Experiment erworbenen
Erkenntnisse abgewogen.
Viele der in den Linzer Jahren entstandenen Portraitaufnahmen verdeutlichen
bereits Sanders große Beobachtungsgabe und frühes Gespür für eine sensible
Aufnahmeführung, die er in den 1920er Jahren in eine sachliche Sicht
überführte. Lebensnähe und Authentizität statt inszenierter Posen und
steifer Atelierkulissen waren von Beginn an seine Maximen für eine gute
Portraitaufnahme. Dieser hohe Anspruch spiegelte sich sowohl in einer
präzisen Positionierung seiner "Modelle" als auch in einem individuell
abgestimmten, und im Gegensatz zum verbreiteten Stilmix, schlichten
Wohnstil. Eine weitere Konsequenz war, dass Sander - wie es für seine Praxis
nach dem Ersten Weltkrieg bekannt ist - Einzel- und Gruppenportraits in der
Natur, etwa im Garten der Abgebildeten, bevorzugte. Auch lassen sich im
Frühwerk des Photographen Beispiele von Berufsbildern, wie jene des in Linz
ansässigen Apothekers oder Museumskustos entdecken, für die Sander
schließlich mit seinem gesellschaftsbeschreibenden Werk "Menschen des 20.
Jahrunderts" berühmt wurde.
Eine große Zahl von Portraitphotographien widmete er seiner Familie - seiner
Frau Anna Sander, geb. Seitenmacher, die er 1902 heiratete und seinen Söhnen
Erich und Gunther, die beide in Österreich geboren wurden. Diese Aufnahmen
lassen sich nicht nur als ein Abschnitt der Familienchronik lesen, sondern
stehen beinahe prototypisch für Sanders geglückten Transfer der Forderung
nach zeitlos qualitätsvollen Bildern, wie sie vielerorts auch von
zahlreichen seiner Berufskollegen gestellt wurde und zur Emanzipation des
Mediums führte.
Neben seiner Tätigkeit im Portraitfach erhielt August Sander den Auftrag zur
photographischen Dokumentation der Sammlung des Linzer Museum Francisco
Carolinum, übernahm Arbeiten für das angesehene Linzer Landestheater und
erarbeitete ein achtenswertes Konvolut von Stadt- und Landschaftsansichten,
die ebenfalls Eingang in die aktuelle Ausstellung finden. Einbezogen werden
des weiteren Bildbeispiele österreichischer Stadt- und Landschaftsaufnahmen
aus dem Jahre 1930, die auf einer Reise nach Linz und Wien entstanden und
darauf verweisen, dass Österreich im Werk Sanders eine feste Bezugsgröße
blieb. Aufnahmen seines Sohnes Erich Sander, die dieser 1921 in Graz, der
Hallstädter Gegend sowie in seinem Geburtsort Linz fertigte, weisen
interessante Parallelen zu den Photographien seines Vaters auf und runden
das Bild ab.
Flankiert wird die Ausstellung durch eine Präsentation von ausgewählten
Portraitphotographien Sanders Vorläufern und Zeitgenossen so von André
Adolphe-Eugène Disdéri, Félix Nadar, Rudolf Dührkoop, Hugo Erfurth, Jacob
Hilsdorf und Nicola Perscheid.
Katalog: August Sander, Linzer Jahre 1901-1909; München: Schirmer/Mosel, 2005 (224 S., 119 Tafeln, 121 Abb.) - broschierte Ausgabe an der Ausstellungskasse 29,00 EUR, Hardcover-Buchhandelsausgabe 39,80 EUR
Zur Museumseite: Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur
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