Nassauischer Kunstverein
65185 Wiesbaden
Wilhelmstraße 15

Datensammler
Tjark Ihmels

Laufzeit: 06. November 2005 bis 18. Dezember 2005

Eröffnung: Samstag, 5. November 2005 / 17 bis 20 Uhr

Tjark Ihmels arbeitet mit Computern und Projektionen. Mit dieser Hardware
entwickelt er bewegbare und begehbare Räume. Der reale Galerieraum wird
auf diese Weise zur virtuellen Zone.

Führung durch die Ausstellung
am Sonntag, den 06.11.2005 und
am Sonntag, den 18.12.2005,
jeweils um 15 Uhr.

Tjark Ihmels / Datensammler

Tjark Ihmels arbeitet mit Computern und Projektionen. Mit dieser Hardware entwickelt er bewegbare und begehbare Räume. Der reale Galerieraum wird auf diese Weise zur virtuellen Zone. Der NKV zeigt eine Retrospektive des
Medienkünstlers aus Leipzig. In Thomas Bernhards Buch „Alte Meister“ sitzt der Held ein Leben lang vor Tintorettos Porträt eines bärtigen Mannes und versucht vergeblich, in dem Meisterwerk einen Fehler zu entdecken. Er will ihm seine Vollkommenheit nehmen, es „zum Fragment“
machen. In der Infragestellung eines einzigartigen Porträts - einer einheitlichen bildnerischen Menschendarstellung - formuliert Thomas Bernhards Held die Hoffung auf ein Weiterleben. Die Infragestellung eines einheitlichen, unteilbaren Subjektbegriffs hat ihre philosophischen und psychoanalytischen Wurzeln im 19. Jahrhundert und mündet im 20. Jahrhundert in die vielfältige theoretische Formulierung der Spaltung
des Subjekts. Die Auflösung von Identität, das Selbst als ein Spiegelbild unendlicher Übergänge und Pluralitäten zu betrachten, stellte ein Jahrhunderte währendes
traditionelles Formen- und Inhaltsverständnis in Frage und schuf die Grundlage für die Darstellung multipler Identitäten. Darstellungen multipler Identitäten - oftmals seriell - sind letztlich die Voraussetzung für den bildnerischen Kosmos von Tjark Ihmels’ Computer- und Installationskunst. Viele seiner bewegten, animierten und generierten Bilder haben ihren Ausgangspunkt in einer figürlichen Darstellung, letztlich bleiben die
Bilder von Tjark Ihmels Fragmente, sie sind unvollkommen, körperlos, und sichern sich gerade dadurch ihr Weiterleben in unserer heutigen Bilderwelt.
Ihmels’ Bilder stellen dezidiert Fragen an unsere Zeit, nach ihrer Ästhetik, ihrer Herstellung, ihrer Rezeption. Sie verlangen vom Betrachter eine Stellungsnahme, eine
Haltung. Dabei zwingt er niemanden zur Betrachtung halbstündiger Videos in der Hoffnung auf einen Überraschungseffekt, sondern legt - so verblüffend dies für
Hochtechnologiekunst klingen mag - mit einem Blick offen, was passiert. Ihmels’ Bilder versprechen nichts, sie sind jedoch ein Kommunikationsangebot, sogar ein sehr
sinnliches. Lässt man sich darauf ein, kann man Stunden damit zubringen. Lehnt man es ab, ist es oft eine zeittypische Reaktion auf die immer noch starke Ratlosigkeit im Umgang mit Computerkunst. Auch stellt sich die Frage nach der Identität des Künstlers: Wo spiegelt sich sein Narzissmus im Medium Computerkunst wider?
Tjark Ihmels (geb. 1963) gehört zu den arriviertesten Namen in der Medienkunstszene.
Er studierte Theologie und später Malerei in Leipzig. 2000 erhielt er eine Professur an der Fachhochschule Mainz, Studiengang Mediendesign, wo er ab Sommer 2001 auch
die Leitung des Instituts für Mediengestaltung (IMG) übernahm. Einzel- und Gruppenausstellungen führten ihn u. a. nach Aachen, Berlin, Tel Aviv, San Francisco.
1994 war er Gründungsmitglied der Künstlergruppe "Die Veteranen", die die erste deutsche Kunst-CD-ROM herausbrachte. Für seine Arbeiten erhielt er mehrere
Auszeichnungen, u.a. 1995 den "Emma", den European Multimedia Award, 1997 den Ehrenpreis der Ars Electronica, und 2000 den Kunstpreis des Medienforums München.

Katalog: Ja

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