Seelenverwandt. Ungarische Fotografen 1914 - 2003
Laufzeit: 10. Juni 2005 bis 28. August 2005
Seelenverwandt nennt der ungarische Schriftsteller Péter Nádas die von ihm kuratierte Ausstellung ungarischer Fotografien aus dem Zeitraum von 1914 bis 2003. Sie zeigt Arbeiten so berühmter Fotografen wie László Moholy-Nagy, André Kértesz, Brassaï, Lucien Hervé, Robert Capa, Eva Besnyö und Martin Munkacsi, aber auch von vielen bislang im Westen unbekannten Fotografen.
Péter Nádas, der seine Berufslaufbahn selbst als Fotograf begonnen hat, wagt einen subjektiven Blick auf die Geschichte der ungarischen Fotografie im 20. Jahrhundert. Er zieht Verbindungslinien zwischen eigenen Fotografien und Fotografien derer, die Ungarn frühzeitig verlassen haben und in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder den USA bekannt geworden sind und Fotografien derer, die im Land blieben.
Nádas entdeckt überraschende Gemeinsamkeiten in der Wahl ähnlicher Themen und Motiven, die in einem speziellen Interesse ungarischer Fotografen an Geschichte begründet sein könnten. Besonders die Erfahrungen des 1. Weltkrieges haben die visuelle Wahrnehmung geschärft und das Interesse auf die Situation des Menschen in einer lebensfeindlichen Umwelt gelenkt. So scheinen die Fotografien des jungen André Kertész vom 1. Weltkrieg auf die späteren, in Paris entstandenen surrealistischen Motive zu verweisen. Gleichzeitig öffnen sie einen Spannungsbogen zu Robert Capas Fotografien vom 2. Weltkrieg.
Dieses Interesse an den Lebensbedingungen der Armen und Entrechteten durchzieht seitdem wie ein roter Faden das Werk ungarischer Fotografen. Besonders die Fotografinnen Kata Kálmán, Klára Langer und Ata Kando beeindrucken durch sensible Reportagen und Porträts aus den 30er bis 50er Jahren.
Hoffnung auf Veränderung gab es während der Zeit der ungarischen Räterepublik. Nach deren Sturz 1919 gingen viele Revolutionäre und Avantgardekünstler außer Landes: nach Paris, Berlin und Wien. László Moholy-Nagy wurde 1923 von Walter Gropius an das Weimarer Bauhaus berufen der vielleicht erfolgreichste ungarische Künstler in Deutschland. 1925 erschien sein bedeutendes Buch Malerei, Fotografie, Film in der Baushausreihe. Moholy-Nagy prägte entscheidend das Neue Sehen, er entwickelte das Fotogramm und erprobte gewagte fotografische Einstellungen: Impulse, die von ungarischen Studenten am Bauhaus wie Judit Kárász aufgenommen wurden. Die vom Bauhaus vertretene Synthese von Kunst und Leben zog auch die junge Budapester Fotografin Eva Besnyö 1930 nach Berlin. Sie wollte, wie auch ein Jahr später Endre Ernö Friedmann (der sich später Robert Capa nannte), der restriktiven politischen Situation unter dem Horthy-Regime in Ungarn entkommen. Beide hatten in Berlin Kontakte zu linken Kreisen. Fotografisch suchte Besnyö die Poesie im Alltag und im Alltäglichen, Capa engagierte sich für politische Themen. Nach 1933, mit Beginn der Naziherrschaft, mussten die in Berlin ansässigen ungarischen Fotografen aus Deutschland fliehen.
Nádas stellt sein fotografisches Oeuvre in einen spannenden Dialog mit den Arbeiten der 29 anderen ungarischen Fotografen. Seine Philosophie Schwarz von schwarz unterscheiden ist in vielerlei Hinsicht zu deuten: als Suche nach dem Unterschied zwischen Illusion und Realität und als Suche nach Klarheit über sich und die Welt.
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