Hans Lüneburg - Der Lyriker der Rheinischen Glasmalerei
Laufzeit: 12. November 2005 bis 21. März 2006
Das Rheinland kann als Zentrum für die Glasmalerei der Moderne, des 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Jahrzehnte vor und nach dem zweiten Weltkrieg bezeichnet werden. Mit der Revolutionierung und Anpassung an zeitgenössische Stilrichtungen hat Johan Thorn-Prikker in Zusammenarbeit mit dem Unternehmer und Werkstattinhaber Gottfried Heinersdorf der bis dato historisierenden Glasmalerei ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten gegeben. Die Expressionisten griffen daraufhin die Technik der Bleiverglasung mit reinen, stark farbigen Echtantikgläsern besonders gerne auf. Ein wichtiges Beispiel ist der Glaspavillon von Bruno Taut zur Werkbund-Ausstellung 1914 in Köln mit expressionistischer Glasmalerei. Die Düsseldorfer Kunstakademie mit Lehrenden wie Prikker und Campendonk, die Werkkunstschule Köln ebenfalls mit Prikker, Campendonk und v.a. Teuwen und die Fachhochschule Krefeld mit Gustav Fünders waren wesentliche Ausbildungsstätten auch der Glasmalerei.
Der enorme Bedarf an farbigen Kirchenfenstern nach den Zerstörungen durch zwei Weltkriege hat sich gerade im Rheinland so besonders bemerkbar gemacht, da hier romanische, gotische und neogotische Kirchenbauten gehäuft wie nirgendwo sonst in Deutschland auftreten und Glasmalerei zur Ideologie dieser Architektur gehört. Im Gegensatz dazu waren beispielsweise Barockkirchen (gehäuft in Süddeutschland) nie auf diaphane Lichtwirkung ausgerichtet, sondern aufgrund weltlicher Orientierung auf Tageslicht angelegt. Die deutsche Glasmalerei ist mit ihren zehntausenden farbigen Kirchenfenstern und hohem Prozentsatz an hervorragender künstlerischer Qualität ein Wesensmerkmal gerade des traditionsbewussten Rheinlandes, an Bedeutung vergleichbar der Kölner Malerschule des Mittelalters. Eine derartige Konzentrierung und Häufung von moderner Glasmalerei gibt es vergleichsweise in Deutschland nirgendwo.
Die Glaskünstler nach dem zweiten Weltkrieg knüpften an die oben genannten Vorbilder an. Eine Blütezeit der Glasmalerei fand dann in den 1950er, 60er und 70er Jahren statt mit Georg Meistermann, Joachim Klos, Ludwig Schaffrath, Hubert Spierling, Jochem Poensgen, Wilhelm Buschulte, u.a..
Hans Lünenborg liegt mit seinem Oeuvre genau zwischen einer Blütezeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und dem Aufbruch zu neuer Abstraktion in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg. Er gehört zur sogenannten verschollenen Generation.
Geboren 1904 in Mönchengladbach, studierte er an der Werkkunstschule Krefeld, an der Düsseldorfer und Hamburger Kunstakademie. Er hat ein umfassendes Oeuvre an Ölbildern, Handzeichnungen, Entwürfen für Glasfenster, freien Glasbildern und zahlreichen Kirchenfenstern in Linnich, Köln, Düsseldorf, Ratingen, Mönchengladbach, Kevelaer, Bedburg Hau u.a. hinterlassen.
Besonders hervorzuheben sind unter vielen anderen seine Fenster für St. Peter und St. Maria/Lyskirchen in Köln, die Liebfrauenkirche in Düsseldorf und St. Antonius in Kevelaer. Im Umkreis der sehr bekannten rheinischen Künstler wie Johan Thorn-Prikker, Anton Wendling, Heinrich Campendonk, Josef Strater, Wilhelm Teuwen, Robert Rexhausen, u.a. gehört er zu einer Generation, die im Rheinland vor dem zweiten Weltkrieg gerade die Glasmalerei ganz Deutschlands entscheidend geprägt haben. Durch den Krieg waren Werkentwicklung und Spätwerk dieser Künstler abgeschnitten, vergessen. Lünenborg galt bei den Nationalsozialisten als entartet. Sein Frühwerk ist im Krieg verbrannt.
Durch seine außergewöhnliche expressiv surreale Darstellungsweise mit eigener Symbolik und die besondere Verquickung christlicher und weltlicher Thematik, Welttheater und Maskerade, nehmen seine Kirchenfenster eine Sonderposition ein. Der Bezug zur Ölmalerei ist stärker als bei anderen Künstlern der Glasmalerei seiner Zeit. Entscheidend geprägt hat ihn der Expressionismus mit Künstlern wie Heinrich Nauen, Emil Nolde, Erich Heckel, auch die Maskenbilder James Ensors, und später die Freundschaft mit Campendonk, Strater und Teuwen.
Das Rollenspiel der Gesellschaft, aber auch Krieg, Tod und Zerstörung bis hin zum Theatrum Sacrum in Architekturkulisse aus Versatzstücken und Säulenwäldern, prägende Erlebnisse zweier Weltkriege, kommen in seinem Werk zu tragen.
Die Ausstellung zum 101. Geburtstag Hans Lünenborgs zeigt seine Glasmalereien, Ölbilder, Entwürfe und Kartons retrospektiv, zusammen mit Werken von Künstlern seiner Zeit wie Thorn-Prikker, Campendonk, Strater, Teuwen und Wendling.
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