Jawlensky: "Meine liebe Galka!"
Laufzeit: 23. Oktober 2004 bis 13. März 2005
Die Gemälde des russischen Malers Alexej von Jawlensky (1864 - 1941) nehmen in der Kunst des 20. Jahrhunderts einen singulären Platz ein. Im Jawlensky-Jahr 2004 ehrt das Landesmuseum Wiesbaden den Künstler, der von 1921 bis zu seinem Tode in Wiesbaden gelebt hat, mit einer Sonderausstellung. 150 Gemälde und Zeichnungen bieten einen umfassenden Überblick über das Gesamtwerk des großen Einzelgängers. Ein besonderer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Jawlensky und seiner Agentin und Freundin Galka Scheyer.
Alexej von Jawlensky wurde 1864 in Russland geboren, lebte seit 1896 in München und gründete dort 1909 gemeinsam mit Kandinsky die "Neue Künstlervereinigung München", aus der 1911 "Der Blaue Reiter" hervorging. Zahlreiche Reisen hatten Jawlensky zuvor nach Frankreich und zu Begegnungen mit den französischen Fauvisten geführt. Die intensive Farbgebung seiner Figurendarstellungen faszinierte das Publikum in den Avantgardeausstellungen von München bis Berlin.
Wie für viele seiner Freunde bedeutete der Ausbruch des ersten Weltkrieges auch für Jawlensky eine einschneidende Wende. Die zwischen 1914 und 1920 im erzwungenen Exil in der Schweiz entstandenen Landschaftsvariationen, Mystischen Köpfe und Heilandsgesichte sind Ausdruck einer zunehmend auf die Loslösung der Farbe von der Form und damit auf den spirituellen Gehalt der Farbe zielenden, konzentrierten seriellen Arbeitsweise.
Meine liebe Galka! - so lautete die vertraute Anrede in zahlreichen Briefen, die der Maler zwischen 1920 und 1935 an seine künstlerische Agentin und persönliche Freundin richtete. Kennen gelernt hatten die beiden sich 1916 anlässlich einer Ausstellung von Jawlenskys Bildern in Lausanne - worauf die von Kunst begeisterte junge Frau wenig später die eigene impressionistisch geprägte Malerei aufgab, um sich voll Enthusiasmus der Vermittlung von Jawlenskys Werken zuzuwenden.
Scheyer machte es sich zur Aufgabe, Jawlensky nach Ende des ersten Weltkriegs mit seinen neuen Arbeiten bekannt zu machen. Zu diesem Zweck organisierte sie für ihn eine Wanderausstellung durch Deutschland, die u. a. auch in Berlin und Frankfurt gezeigt wurde. Der große Erfolg dieser Wanderausstellung in Wiesbaden sollte wenig später Anlass für Jawlenskys Umzug dorthin geben. Insofern ist es Galka Scheyer, der die Landeshauptstadt Wiesbaden heute ihren Ruf als Jawlensky-Stadt verdankt. Internationale Berühmtheit erlangte Galka Scheyer jedoch als charismatische "Prophetin der Blauen Vier". Durch Jawlensky hatte sie Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Paul Klee kennen gelernt. Unter der Namensgebung "The Blue Four" vertrat sie Jawlensky und seine drei Freunde von 1924 bis zu ihrem Tod im Jahre 1945 in den USA.
Die zwanziger Jahre in Wiesbaden waren für Jawlensky eine Zeit voller Anregungen und Kontakte (u. a. zum Bauhaus Weimar). In seinem Atelier entstand die Serie der Abstrakten Köpfe, in deren struktu-reller Systematisierung sich Klarheit und Geometrie mit dem Verlangen nach Transzendenz und einer Verschmelzung von Mensch und Natur paaren. Dies kommt auch im Gebrauch der Farbe zum Ausdruck, die jetzt nicht mehr nur als Kolorit, sondern auch als dreidimensionale Farbmaterie behandelt wird.
Die dreißiger Jahre führten Jawlensky in einen letzten Lebensabschnitt der Krankheit, Armut und Ächtung durch die Nationalsozialisten. Dessen ungeachtet schuf er in dieser Zeit ein Spätwerk von konzentrierter Immanenz. In der Serie der Meditationen reduzierte er das menschliche Antlitz auf eine meditative Dimension. Sie ist einerseits im Prozess des Malens selbst aufgehoben. Sie artikuliert sich andererseits aber auch in einem bildnerischen Einsatz von Farbe, die dem Betrachter eine Erfahrung von Transzendenz eröffnet. Oft mit Ikonen verglichen, beinhalten diese Meditationen einen Vorstoß ins Reich des Erhabenen und damit einen visionären Aspekt des Expressionismus, der bei Jawlensky lange übersehen wurde.
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