Adler (lat.: aquila; franz.: aigle engl. eagle) erscheint bei den meisten vorchristlichen Völkern als heiliger Vogel, später in allgemeiner Deutung als Symbol des Sieges, der Macht und Herrschaft; als Stoffmuster schon im frühen Mittelalter in vortrefflicher Stilisierung dargestellt, jedoch ohne heraldische Beziehungen, die überhaupt nur vereinzelt nachweisbar sind. Im 14. Jahrh., als das Stoffmuster sich kirchlichen Zwecken dienstbar zeigt, erscheint der A. darin als Symbol göttlicher Macht zum Schutze bedrängter Wesen, welche Auffassung hergeleitet werden kann aus dem für die Italiener unverständlichen sarazenischen Tierwerk der s. Z. ihnen zugehenden orientalischen Gewebe, das sie im Sinne der biblischen Mystik umzugestalten suchten.
Die Darstellung des Doppeladlers auf frühmittelalterlichen Geweben hat zu der Annahme geführt, dass dieser durch den symmetrischen Musterumschlag entstanden sei, wie ihn die Technik der
Weberei mit sich bringt; indessen erscheint diese Auffassung fraglich bei der Betrachtung des zweiköpfigen Adlers, welcher eingemeisselt ist an dem Pilasterpfosten zu Oejuk, aus der Zeit der Hethiter (etwa 950 v. Chr.), woselbst diese Darstellung als Vogel des Donnergottes ursprünglich der geflügelte Blitz oder Donnerkeil, wie ihn nach Justi (Geschichte der orientalischen Völker im Altertum S. 184 ff.) der babylonische Merodoch führt und wie er auch auf griechischen Münzen (Elis und Sicilien) dargestellt ist.
Abb. 10 Doppeladler nach einer Darstellung aus: Heiden, Motive, Blatt 17, Fig. 1. Original wie vorher.
Abb. 11 Doppeladler nach einer Darstellung aus: Justi, Geschichte der orientalischen Völker im Altertum, Berlin 1884. Original an dem Pilasterpfosten eines hethitischen Grabes bei Oejnk (etwa 950 v. Chr.).
Abb. 9 Adler nach einer Darstellung aus: Heiden, Motive, Blatt 114, Leipzig 1891. Original in einem orientalischen Seidengewebe des 10. bis 11, Jahrhunderts im Königl.Kunstgewerbe-Museum zu
Berlin.