Lexikon

Handwörterbuch der Textilkunde aller Zeiten und Völker für Studierende, Fabrikanten, Kaufleute, Sammler und Zeichner der Gewebe, Stickereien, Spitzen, Teppiche und dergl., sowie für Schule und Haus, bearbeitet von Max Heiden, Stuttgart 1904

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Eintrag: Weinlaub
Weinlaub, Weinornament (frnz. vigne, pampre; engl.: pampre), gebildet aus dem edlen Weinstock oder der edlen Rebe (vitis vinifera, Abb. 342), welcher der Alten Welt angehört. Schon im Altertum sehr beliebt als Ornament (Abb. 27, S. 34), in frühchristlicher Zeit in Andeutung der evangelischen Gleichnisse vom Weinstock und der Rebe. In demselben Sinn wird auch Christus häufig als Weinstock dargestellt. Die frühchristliche Zeit bringt das Motiv in koptischen Wirkereien häufig zur Darstellung als Kauke (Abb. 1 auf Taf. I), sowie in selbständiger Erscheinung oder als Endigung der spitzovalen Gewandauf Sätze (Abb. 78, S. 196). Das eigentliche Mittelalter lässt Weinstock und Rebe im Stoffmuster seltener hervortreten; erst die Gotik nimmt dieselben wieder auf in den Kreis ihrer vegetabilischen Kunstformen, so dass am Ende des 14. Jahrb., für kirchliche Zwecke angefertigt, eine ganze Reihe von Geweben mit dem Weinblattmuster erscheinen, die in Italien ihren Ursprung haben (Abb. 343). Gleichzeitig kommen in kirchlichen Leinenstickereien Motive derselben Art vor (Abb. 96. S. 225), die wohl immer in Anlehnung an die ursprüngliche christliche Symbolik Anwendung gefunden haben. Die folgenden Stilperioden nehmen daran keinen Anteil und das Vorkommen von Weinranken und Trauben in der Empirezeit (Abb. 64, S. 175) ist auf die Nachahmung derselben aus der Antike zurüchzuführen, wo diese Kunstformen im Sinne bachantischer Deutung aufzufassen sind.
Abbildungen:

Abb. 27 Assyrisches Steinrelief nach einer Darstellung aus Kunstgewerbeblatt 1893. S. 154.

Abb. 342 Darstellung von vitis vinifera aus: Lobelius a. a. 0., Antwerpen 1581.

Abb. 343 Darstellung aus: Gewerbehalle, Stuttgart 1882: Seidengewebe, Grund rot, Muster grün: Feine Ranken bilden reihenweis versetzte herzförmige Felder, in welchen je ein Weinblatt; dazwischen Trauben, Blattranken und Vögel. Italien 14.-15. Jahrh.

Abb. 64 Darstellung aus Heiden, Musteratlas, Leipzig 1896. Tafel 117, 2: Borte, farbige Tambourierarbeit auf grünem Sammet, Muster aus Weinranke, Köcher und Urne. Kopie im Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin nach einem Original im Schloss Monrepos bei Ludwigsburg.

Abb. 78 Originalaufnahme aus dem Kunstgewerbemuseum in Leipzig: Aufsatzstück eines Gewandes, gobelinartige Stopfarbeit in violetter Wolle, darauf in feinem weissen Garn gestickt: Muster aus Flechtband und Rosetten. Original aus einem koptischen Grabe 5.8. Jhdt.

Abb. 96 Darstellung aus: Heiden, Motive, Leipzig, 1890, BI. 221. Stickerei auf Leinen in farbiger Seide mit Darstellung zweier Bundfelder, um die sich Rosen und Weinreben ranken; in den Feldern Rosenstauden anderer Stickereien. Original Deutschland 15. Jahrh.

Abb. Tafel I