Lexikon

Handwörterbuch der Textilkunde aller Zeiten und Völker für Studierende, Fabrikanten, Kaufleute, Sammler und Zeichner der Gewebe, Stickereien, Spitzen, Teppiche und dergl., sowie für Schule und Haus, bearbeitet von Max Heiden, Stuttgart 1904

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Eintrag: Zeugdruck
Zeugdruck, ein Verfahren, um auf Zeugen durch teilweise Färbung Muster hervorzubringen, dem die Färberei voraufging, jedoch auch schon uralt ist (s. Geschichtliches). Anfangs druckte man nur auf Leinwand; die mit der Verbreitung der Baumwollstoffe aufgekommene Kattundruckerei ist derjenige Zweig, welcher am meisten zu Erfindungen und Verbesserungen auf diesem Gebiete Anlass gegeben hat, indem die Baumwolle sich vorzüglich zur Annahme der Farben eignet. Woll- und Seidendruck haben sich erst später ausgebildet. Um einen Baumwollenstoff zur Aufnahme eines vollkommenen Druckes vorzubereiten, wird er zuerst gebleicht (dies geschieht bei dem Auftragen von Türkischrot jedoch nicht) und dann wird die Oberfläche durch Absengen von allen feinen Fäserchen befreit, um nachher auf dem Kalander geglättet zu werden. Hierauf werden die für den Walzendruck bestimmten Zeuge in einer Anzahl Stücke zusammengeheftet und auf eine Walze aufgewunden, was mittels eines besonderen Apparates geschieht, welcher alle Falten verhindert. Es gibt fünf Methoden des Druckes für Muster und Figuren.
Die erste wird mit der Hand mittels viereckiger hölzerner Blöcke oder Druckformen (Model), auf deren Oberfläche die Muster durch eingesetzte Messingstreifen und -stifte gebildet sind, ausgeführt.
Bei der zweiten Methode erfolgt er durch grössere Holzformen, welche über die ganze Zeugbreite reichen und durch eine Maschine in Tätigkeit gesetzt werden, die nach ihrem Erfinder Perrot den Namen Perrotine führt.
Die dritte Methode, welche jedoch veraltet ist, bewirkt den Druck durch gravierte Kupferplatten.
Die vierte besteht in einem System kupferner gravierter Zylinder oder Walzen, die in einer sehr zierlichen aber auch sehr komplizierten Maschine angebracht sind, mittels deren 2, 3, 4 und selbst 5 Farben schnell nacheinander durch blosse Drehung der durch Elementarkraft bewegten Maschine aufgedruckt werden können. Ein solcher automatischer Drucker verrichtet das Geschäft mit solcher Greschwindigkeit, dass von einigen Mustern ein Stück in einer Minute bedruckt werden kann.
Die fünfte Methode besteht in dem Bedrucken der Gewebe mit Hautereliefwalzendruckmaschine, welche von Oberkampf 1780 erfunden worden ist und in welcher die Reliefwalzen mit den erhaben in Holz geschnittenen oder mit aus Metallkomposition durch Guss hergestellten Mustern besetzt sind. Die Druckmaschinen sind in der Neuzeit sehr verbessert worden und auch die Reliefwalzendruckmaschine für den gleichzeitigen Druck mit mehreren Farben eingerichtet. Ausserdem sind in chemischer Beziehung vielerlei verbesserte Verfahrungsweisen und Farbezubereitungen erfunden worden; so anstatt des 1750 in der Schweiz erfundenen Kuhkotbades die Anwendung eines künstlichen Gemisches aus phosphorsaurem Natron und phosphorsaurem Kalk; ferner die Anwendung des Blutalbumins, anstatt des teuerem Eiweiss, ferner der Grebrauch verschiedener Verdickungsmittel (wie Salep, Tragant, Sirup, geröstete Stärke) und die Befestigung der Beizen auf dem Stoff durch Ammoniakgas; der 1811 erfundene Lapisdruck stellt mittels Ausfärbens in der Blauküpe und im Krappkessel mehrere Farben zugleich her: die Dampffarben auf Baumwolle und Seide, das Giessen der Muster mittels Farbebrühe und das Aetzen weisser Muster mittels Chlorkalks usw. Die oben erwähnte Zeugdruckmaschine von Perrot hat Verbreitung in Frankreich, in der Schweiz, in Belgien und Deutschland gefunden. In dieser Maschine sind drei hölzerne Druckmodel von 0,75-1 m Länge und 5-12cm Breite angebracht, die mit Birnbaumholz belegt und mit erhaben geschnittenen oder gegossenen Metallmustern belegt sind. Diese Model sind zueinander rechtwinkelig gestellt und können eine nach der andern so in Bewegung gesetzt werden, dass sie gegen die vordere, obere oder hintere Seite eines vierseitigen Prismas treffen, welches mit Tuch überzogen ist und sich um eine Achse zwischen den 3 Formen dreht. Der Kattun wird durch einen Zylinder, auf den er sich aufwindet, über das Prisma hinweggezogen und während dessen durch das Spiel der Formen bedruckt. Um den sanften elastischen Druck der menschlichen Hand nachzuahmen, sind Federn vorhanden, welche die Form gegen das Prisma drücken. Jede Form wird nach vollbrachtem Drucke mit einem ausgespannten und mittels einer mechanischen Bürste mit Farbe bestrichenem Tuche in Berührung gebracht, um zu einem abermaligen Abdrucke bereit zu sein. Mittels der Perrotine lassen sich mehrere Muster herstellen, welche die Walzendruckmaschine ohne Beihilfe der Reliefwalzen nicht zu drucken vermag. Die Walzendruckmaschine besteht aus einer gravierten Kupferwalze, welche, sich drehend, gegen eine andere mit Tuch überzogene Walze drückt und gehörig mit Farbe versehen wird, so dass sie dem zwischen beiden Walzen durchlaufenden Stoff einen gefärbten Druck mitteilen kann. Das Muster wird entweder auf einen massiven oder auf einen hohlen Zylinder von Kupfer, Messing oder Kanonenmetall graviert, welch letzterer auf eine starke eiserne Welle aufgetrieben wird, die als Achse dient.
Die Erfindung des Amerikaners Jakob Perkins, Gravierung mittels stählerner Prägewalzen von einer Oberfläche auf die andere zu übertragen, gab ein Mittel ab, die Kattundruckwalzen auf weniger kostspielige Weise herzustellen. Perkins Erfindung wurde zu dem Zwecke von Locket in Manchester 1808 benützt.


Abb. 174 Darstellung aus der Zeitschrift "Sammler-Daheim", 1902, Nr. 20: Leinendamasttischdecke zur Erinnerung an den Frieden von Hubertsburg gewebt. Rand mit Jagdscenen, in Mitte Darstellung der Herrscher mit dem Alliancewappen und dem Schloss Hubertsburg. Sachsen 1763.

Es wird zuerst das Muster auf eine kleine 78 cm im Quadrat haltende Fläche gezeichnet, so dass die Grösse dieser Fläche in einer bestimmten Anzahl von Wiederholungen genau der Fläche des Zylinders gleich ist, hierauf wird das Muster auf eine Walze aus weichem Stahl übertragen und eingraviert und dann diese Walze gehärtet. Die so hergestellte Matrize kommt nun in eine besonders konstruierte Presse, worin sie rotierend gegen eine andere weiche Stahlwalze gedrückt wird, so dass sich auf letzterer das vertiefte Muster erhaben darstellt. Auf diese Weise wird die Herstellung der Walzen viel billiger, als beim Gravieren mit der Hand. Für gewisse Muster werden die Kupferwalzen auf einer Art Guillochiernlaschine mittels einer Diamantspitze graviert.
Eine besondere Art des Walzendruckes besteht in der Anwendung hölzerner Walzen, worauf die Zeichnung erhaben ausgeschnitten ist. Neuerdings werden solche Reliefwalzen auch dadurch hergestellt, dass man glatte Holzwalzen mit einem aus leichtflüssigem Metall gegossenen Mantel bekleidet, worauf das Muster durch den Guss in eine Form hergestellt ist. Enthält ein- und dieselbe Maschine Walzen mit vertieftem Muster und Reliefwalzen zugleich, so heisst sie eine vereinigte Druckmaschine.

Eine besondere Kenntnis erfordert es, die Bereitung und Zusammensetzung der im Zeugdruck zur Verwendung gelangenden Farben dem jeweiligen Verfahren anzupassen. Sie hat sich zunächst nach den farbigen Wirkungen zu richten, welche erzielt werden sollen, nach den Farbstoffen und Farbbildern oder Beizen, welche zu fixieren sind, und nach der Natur des Gewebes, welches dem Druck unterliegt. Es lassen sieh (nach Luegers Lexikon der gesamten Technik, Bd. 7, S. 986) im allgemeinen dafür sieben Arten kennzeichnen:

1. Die Fixierung erfolgt im Baumwolldruck durch Dämpfen, wenn die Druckfarbe im wesentlichen aus einer anorganischen Körperfarbe oder einem Farblack und aus Albuminlösung besteht.
2. Enthält die Druckfarbe als wesentlichen Bestandteil einen organischen Farbstoff und ist er ein substantiver und wasserlöslich, so sind neben der Verdickung nur Substanzen wie Essigsäure und Glyzerin vorhanden, welche seine Löslichkeit und seine Vereinigung mit der Faser befördern. Nach dem Aufdruck führt ein Dämpfprozess die Fixierung mit dem Gewebe herbei. (Anwendung im Woll- und Seidedruck). Ist der Farbstoff unlöslich und besitzt er keine Verwandtschaft der Mitteilsamkeit zur Faser, wie Indulin oder Indigo, so ist die Druckfarbe mit einem Lösungsmittel (Acetin) oder das zu bedruckende Gewebe mit einem Reduktionsmittel (Traubenzucker) zu versehen, welches während eines Dämpfprozesses seine lösende Wirkung auf ihn ausübt und in die Faser einzudringen ermöglicht. (Anwendung im Baumwolldruck.)
3. Enthält die Druckfarbe neben der Verdickung eine farbbildende organische Substanz, so ruft diese im Moment des Aufdruckens die Farbe hervor (Diazoverbindung auf mit Naphtol grundiertem Baumwollgewebe) oder sie liefert erst durch Oxydation die Farbe, weshalb das Oxydationsmittel der Druckfarbe beigefügt ist (Anilinschwarz aus Anilinsalz. Anwendung im Baumwolldruck).
4. Enthält die Druckfarbe Beize, so führt nach deren Fixierung und nach Entfernung der Verdickung die Ausführung im Bade eines Beizenfarbstoffes zur Bildung farbiger Muster an den von der Druckfarbe vorher bedeckten Stellen. (Kombination von Druckerei und Färberei, Herstellung gemusterter Färbeware im Kattundruck).
5. Enthält die Druckfarbe eine Mischung von Beize und Farbstoff, so erfolgt die Fixierung beim Verhängen an der Luft oder beim Dämpfen, wobei entweder die Bildung des unlöslichen Farblackes stattfindet, oder, wenn ein solcher bereits vorhanden ist, dieser in Lösung geht und von der Faser aufgenommen wird, um nach Verflüchtigung des Lösu.ngsmittels unlöslich in der Faser zu bleiben (Genre vapeur et application, Anwendung im Baumwolldruck.)
6. Enthält die Druckfarbe teils mechanisch wirkende, (Harze, Fette, Ton, Bleisulfat), teils chemisch wirkende Substanzen (Zuckeroxyd, Bhodankalium, Calciumacetat, Kupfersulfat und -nitrat, Bleinitrat, Zinnsalz, Kaliumsulfid), so verhindern diese das Eindringen des Farbstoffes oder des Beizmittels in das ungefärbte oder gefärbte Gewebe an denjenigen Stellen, welche von ihnen bedeckt sind. (Reserve, Schutzgang. Anwendung des Beservagedruckes im Baumwoll- und Seidedruck.)
7. Enthält die Druckfarbe Substanzen, welche dazu dienen, einem bereits gefärbten oder gebeizten Gewebe den Farbstoff oder die Beize auf chemischem Wege durch Üeberführung in lösliche Form stellenweise zu nehmen, wegzuätzen, so benützt man gegenüber Beizen, die meist Metalloxyde sind, Alkalisalze schwacher, die Faser nicht angreifender Säuren, wie Zitronens., Opals., Weins., gegenüber Farbstoffen oxydierende Agentien wie Kaliumbichromat (mit Schwefelsäure), rotes Blutlaugensalz (mit Natronlauge) oder reduzierende Substanzen, wie Zinnsalz, Zinnoxydulnatron, Zinkstaub (Aetze, Enlevage, Anwendung in Baumwoll-, Woll- und Seidedruck).


Abb. 348 Originalaufnahme aus dem Königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Gedruckter Baumwollenstoff, Grund hellblau, Muster in Weiss ausgespart: Felder mit Schrift. Japan 18. Jahrh.


Beim Baumwollendruck unterscheidet man in der Anwendung von Beizenfarbstoffen, Tanninfarbstoffen, Küpenfarbstoffen, Entwickelungsfarben und Albuminfarben; ferner im G-ebrauch von Reservagedruck, welcher bezweckt, die Aufnahme bezw. die Entwickelung einer Farbe, die durch Klotzen oder Färben auf den Stoff gebracht wird, durch vorherigen Aufdruck gewisser Substanzen an den bedruckten Stellen zu verhindern in der Anwendung des Aetzdrucks, welcher gestattet, mit dem vorhandenen Walzenmaterial die Zahl der Artikel bedeutend zu vermehren indem mit derselben Walze, die ein buntes Muster in weissem Grunde drucken würde, umgekehrt ein weisses Muster in farbigem Grunde durch Zerstörung resp. Lösung der Farbe oder Beize hervorgerufen wird. Die Herstellung gemusterter Färbeartikel, einer stets Weiss im Muster enthaltenden Ware, welcher zum Teil auch die durch Reservieren und Aetzen fabrizierten Artikel zuzurechnen sind, besteht in einer Kombination von Druckerei und Färberei, insofern eine oder mehrere Beizen auf das Gewebe aufgedruckt und nach deren Fixieren die Farbe durch Ausfärben mit Beizenfarbstoffen entwickelt wird.

Der Wolldruck oder das örtliche Färben wollener Zeuge geht im allgemeinen einfacher vor sich als der Druck der Baumwolle, da die Befestigung der Farbstoffe, als welche hauptsächlich Säurefarbstoffe dienen, infolge grösserer Verwandtschaft dieser zu der Wollfaser leichter zu bewerkstelligen ist. Sie erfolgt durch blosse Anwendung von Wasserdampf, wozu das Gewebe vorher sorgfältig gereinigt, unter Umständen auch gebleicht sein muss. Auch das Chloren der Wolle vor dem Bedrucken derselben ist von Vorteil. Die Aufnahmefähigkeit der Wolle für Farbstoffe wird ferner dadurch erhöht, dass man sie mit Zinn präpariert: sie stannatiert. Auch Aetzeffekte lassen sich im Wolldruck erzielen.

Der Seidendruck arbeitet mit denselben Hilfsmitteln wie der Wolldruck. er gestaltet sich insofern noch einfacher, als ein Prägnieren des zu bedruckenden Materials sich erübrigt.

Zur Geschichte des Zeugdruckes haben die im letzten Jahrzehnt immer mehr erforschten Koptischen Textilfunde (s. d.), die wichtigsten Beiträge geliefert; erst durch sie ist es möglich geworden, für gedruckte Stoffe des frühen Mittelalters sichere Originalstücke beizubringen und von hier aus nach dem Altertum hinauf Rückschlüsse über dieselben zu ziehen, wovon uns vorher griechische und römische Geschichtsschreiber umständlich berichteten, ohne dass wir uns eine rechte Vorstellung davon machen konnten. Plinius erzählt mit deutlichen Worten, dass die Aegypter die Kunst verstanden, durch verschiedene Beizen, die man auf die gewebten Stoffe auftrug, so dass sie unsichtbare Muster bildeten, diese Stoffe so zu präparieren, dass sie bunt und mehrfarbig gemustert aus dem Färbekessel, in den man sie nur einen Augenblick eintauchte, herausgehoben wurden. Solche Stücke liegen uns nun vor in den Funden aus Oberägypten. Es sind Wandbehangstoffe aus Leinwand, die auf rotem oder blauem Grunde ausgesparte grosse figurale Muster zeigen. Einer derselben ist fast vollständig erhalten in der Sammlung des Kunstgewerbemuseums in Berlin (s. Kgl. Pr. Kunstsammlungen 1900), auf welchem dargestellt ist die Geschichte Daniels in der Löwengrube. Die Technik dieser dem eigentlichen Zeugdruck voraufgegangenen Musterfärberei stimmt überein mit dem heute noch in Indien gebräuchlichen Batik (s. d.), dessen Verfahren durch Wachsabdeckung in Japan (Abb. 348) mittels Schablonen (s. d.) künstlerisch erweitert worden ist, in neuester Zeit auch in Holland und Frankreich durch Anwendung chemischer Hilfsmittel noch mehr der Neuzeit entsprechend entwickelt ist. Der Wachsmalerei mit Blau- oder Rotfärbung kam man in früher Zeit für kleinere Muster bald in Anwendung von Formen zu Hilfe, die aus Holz oder Ton bestanden und die wir uns zunächst im Sinne unserer grösseren oder kleineren Stempel vorzustellen haben. Welche allgemeine Ausdehnung diese Technik in den ersten Jahrhunderten v. Chr. schon genommen hatte, weist Dr. E. Forrer (Die Kunst des Zeugdruckes vom Mittelalter bis zur Empirezeit, Strassburg i. E. 1898) nach durch ein in einem Grabe zu Achmim gefundenes Kinderkleidchen, dessen Musterung aus einem gewellten Rautennetz mit eingelegten Sternen besteht. Und zwar ist erwiesen, dass dieses Gewand nicht im fertigen Zustande bedruckt, sondern aus einem im Stück behandelten Stoff geschnitten wurde. Hergestellt ist die Musterung mit Hilfe von drei


Abb. 349 Originalaufnahme aus dem Kaiser Friederich-Museum in Berlin: Leinenstoff, in Braunschwarz gedruckt mit einem Adler und Pfauen zwischen einer Borte aus arabischem Ornament. Orient oder Sizilien (?) 12.-13. Jahrh. (Aus einem koptischen Grabe).

verschiedenen Stempeln. Einen sassanidischen Zeugdruck des 6. Jahrh. bildet Geh.-E. Lessing im Jahrbuch der Königl. Preuss. Kunstsammlungen, Jahrgang
1880 ab, der im Muster den Raub des Ganymed (auffliegender Adler mit einem Knaben in seinen Fängen) darstellt. Der feine Baumwollenstoff ist in Schwarz, Gold und Rot mit Model bedruckt. Eine Reihe weiterer Zeugdrucke des frühen Mittelalters veröffentlicht Dr. Forrer auch in dem Werke: Die Zeugdrucke der byzantinischen, romanischen, gotischen und späteren Kunstepochen, Strassburg 1894. Derselbe Forscher macht uns in dem zuerst genannten Buche näher bekannt mit dem von Cennino Cennini um 1400 dargestellten Verfahren zur Herstellung von Zeugdrucken in Italien mittels Holzmodel; er bringt ferner „Eine Nürnberger mittelalterliche Anweisung zur Anfertigung von Zeugdrucken" - alle diese wichtigen literarischen Quellen begleitet Forrer mit persönlich gesammelten wertvollen Originalen.
Die Formengebung der gedruckten Stoffe weicht übrigens kaum von derjenigen der Gewebe ab; man kann sogar nachweisen, dass sich Muster gewebter Originalstoffe aus dem 13. Jahrh. als genaue Nachahmungen im Zeugdruck wiederholen. (Vgl. Abb. 1 auf Tafel III). Und so haben auch die Koptischen Funde andere Druckstoffe des 13. Jahrh. gebracht (Abb. 349), die sich ohne Weiteres der arabisch-sizilianischen allgemeinen Formensprache in der Musterung anschliessen. Frühzeitig tritt auch der Zeugdruck als Hilfsmittel für die Stickerei auf, wofür Julius Lessing im genannten Artikel des Jahrbuchs den unter Abb. 350 wiedergegebenen Stoff beibringt, in welchem die kleinen Rosetten um die sechseckigen Felder herum teilweis gestickt sind. Im 17. Jahrh. erschienen auch Modelvordrucke auf Leinen für Spitzen

Deutschland nimmt im Mittelalter in der Herstellung von Zeugdrucken die erste Stelle ein und zwar kommt nach Dr. Forrer dafür in frühromanischer Periode die Gegend am Niederrhein um Köln und Siegburg herum, in Betracht, woher die meisten Beweisstücke gekommen sind. Die Muster zeigen einfach gezeichnete Tiergestalten, Vögel, Greifen, Hasen, Hunde u.s.w., in Kreisen oder spitzovalen Feldern, die reihenweis geordnet sind , andere mit Bankenmotiven durchsetzt. Das Grundmaterial besteht aus Baumwolle oder farbiger leichter Seide, welche sie mehr oder weniger als Futterstoffe charakterisieren, der Druck ist in Schwarz, Braun, Grün, Silber und Gold ausgeführt. Vom Unterrhein führt Forrer den Zeugdruck rheinabwärts bis Mainz, dann östlich durch Bayern (Nördlingen, Ulm und Nürnberg, später Regensburg, Augsburg u. s. w.) nach Oesterreich, südlich über Strassburg nach der Schweiz Eine westliche Linie führte von Köln aus nach Holland und von dort nach Flandern und Frankreich. Gegen Mitte und Ende des 14. Jahrh. erscheinen die Bild-Zeugdrucke: die Vorläufer der auf Papier und Pergament abgedruckten Holztafeldruckbilder. Hierher gehört der von A. Essenwein im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1872, abgebildete Stickereivordruck mit Darstellung des Todes der Maria, woran sich viele erhaltene Beispiele schliessen mit Bildern aus dem Leben Jesu, der Verkündigung Maria u.s.w. Im 15. Jahrh. wird das gewebte Granatapfelmuster (s. d.) im Zeugdruck wiederholt, die Renaissance verwendet die Kleider- oder Tapetenmusterung seltener für das billigere Surrogat, erst im 17. Jahrh. werden die Drucke wieder häufiger, namentlich in der zweiten Hälfte desselben sieht man den Zeugdruck nicht allein in Deutschland, sondern auch in Holland, Frankreich, Oesterreich u.s.w. an Ausdehnung gewinnen.

Am Ausgange des 15. Jahrh. wurde der Zeugdruck zumeist von den Buchdruckern gehandhabt, womit in Uebereinstimmung steht, dass statt der früher üblichen Anwendung verschiedener Farben eine Zeit lang alle Druckstoffe in Schwarz erscheinen. Erst als im 17. Jahrh. diesem Zweige der Textilkunst wieder mehr Beachtung geschenkt wurde, benutzte man neben der schwarzen Aufdruckfarbe auch rot, violett, blau, weiss und grün und es wurden, wie Dr. Forrer schreibt, diese Farben mit Oel angerieben. Neben dieser Abart von Oelfarbendruck übte man als weitere Ueberlieferung aus der gotischen Periode den Sammet- oder Wolldruck, wozu man ein grobes Flachsgewebe mit Kleister oder Leim bedruckte und darauf farbigen geschabten Wollstaub streute. So erschienen solche Arbeiten als Nachahmungen von Sammettapeten und gleichen Altarbehängen. Eine Konkurrenz ward gegen Ende des 17. Jahrh. den deutschen sogen. Oeldrucken in den Fabrikaten aus England und Holland, welchen ein besseres Verfahren der Farbenverbindung mit dem Gewebe zu Grunde lag. Eine neue Art "mit Wasserfarben nach Schweizer Art" zu drucken, hing auch mit einer neuen Herstellungsweise zusammen "die gedruckte Ware nach dem Drucke zu färben." Diese englisch-holländische Manier kam um 1690 in Benützung und begann sich schnell zu entwickeln (s. im Artikel Augsburg).Das Verfahren glich jener schon von Plinius erwähnten Technik der Wachsfärberei. Der Stoff wurde unter Anwendung von Holzformen mit Wachs- oder Kleistermasse bedruckt, man färbte ihn hierauf in Indigobottichen und wusch dann die Aufdruckmasse aus. Ein solcher Dekor mit dem Streumuster der Zeit stimmte fast genau überein mit den gleichzeitig gebräuchlichen, blau bemalten Geschirren aus chinesischem Porzellan und Delfter Fayence und so wurde jene Zeugmusterung auch als "Porzellandruck" bezeichnet. Interessante Einzelheiten teilt Dr. E. Forrer aus älteren Schriften in seinem 1898 erschienenen Werke mit. Neben den Blumenmustern verstieg man sich auch wieder zu figuralen Darstellungen aus der biblischen Geschichte, Darstellungen von Städten und dergleichen, ähnlich, wie sie in das Damasttischzeug übergegangen sind, welches in jener Zeit in Süddeutschland und Oesterreichisch-Schlesien gewebt wurde. (Abb. 174, S. 320). Auf der Höhe der Fabrikation im Zeugdruck standen in jener Zeit die Erzeugnisse von Neuhofer in Augsburg (s. im Artikel Augsburg S. 42).


Abb. 350 Darstellung aus: Jahrbuch der Königl. Preuss. Kunstsammlungen, Berlin 1880 Druck in Gold und Schwarz auf Baumwolle: In Reihen versetzte Sechsecke aus einem Flechtband, darin je ein Adler; dazwischen kleine Blütensterne, welche teilweise bestickt sind. Original im K. G.-M. zu Berlin. 11.-12. Jhdt.


Hamburg erhielt seine erste Zeugdruckerei im Jahre 1737. In Sachsen gründete G. Oehme die erste Druckerei zu Zschopau, dann folgte 1741 Preussen, woselbst unter Friedrich dem Grossen ein Schweizer Kattundrucker Duplantier eine Druckerei in Berlin errichtete. Ausläufer derselben haben sich mit bescheidenen Produkten noch bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhdts. erhalten. (Abb. 351). Auch in Breslau wurde unter dem Protektorate Friedrich des Grossen eine Kattunfabrik eingerichtet, welcher allenthalben ähnliche Anlagen folgten. Alle solchen Gründungen überragten aber die Augsburger Manufakturen bis zum Ende des 18. Jahrhdts. Um die Mitte des 18. Jahrhdts. beginnen die Fabriken im Oberelsass sich zu entfalten, woselbst Mülhausen ein bedeutender Mittelpunkt wird. Der Ruhm elsässischer Druckindustrie und der Weltruf ihrer Fabrikate beginnt mit der Einrichtung einer Fabrik von Haussmann in Logelbach bei Kolmar, deren Begründer Chemiker in der Augsburger Fabrik von Schüle gewesen war. Mülhausen, ehedem eine freie, zum Schweizer Bunde gehörige Stadt, wurde 1798 dazu gedrängt, sich unter französische Staatsleitung zu stellen, wozu die gefürchtete Konkurrenz ihrer Fabrikate den Anlass gegeben hatte. Nun stieg die dortige Kattunindustrie zur höchsten Vollendung, derart, dass sie bald die vorher so grossartige deutsche Fabrikation gänzlich hintenanstellte und im Weltmarkt neben der englischen Industrie die erste Stelle einnahm. Von da ab macht diese Industrie durch Erfindung des Walzendrucks (s. d.) und anderer maschineller und chemischer Hilfsmittel gewaltige Fortschritte, woran auch die elsässischen Fabrikanten sehr verdienstlich beteiligt sind, so dass ihre Erzeugnisse sich stets auf der Höhe der Zeit erhalten haben.

In England soll erst im Jahre 1690 eine Zeugdruckerei zu Richmond von einem aus Frankreich vertriebenen Hugenotten angelegt worden sein. Die englischen Seiden- und Wollweber widersetzten sich nicht nur der Anfertigung gedruckter Stoffe im eigenen Lande, sondern aucli deren Einführung aus Indien in der heftigsten Weise, jedoch wurden selbst trotz des Verbotes der Regierung solche von der englischen und holländisch-ostindischen Kompagnie durch Schmuggelhandel eingeführt, bis noch strengere Gesetze erlassen wurden, welche das Tragen solcher Stoffe durchaus verboten; auch in Frankreich wurden ähnliche Gesetze erlassen. Um das Jahr 1735 wurde zwar in England das letztere Gesetz aufgehoben und die Herstellung sogen, englischer Kattune erlaubt, jedoch mit der Einschränkung, dass die Kette aus Leinengarn und nur der Einschuss aus Baumwolle bestehe und dass eine hohe Abgabe entrichtet werde, so dass das Emporblühen dieser Industrie unmöglich wurde, und es wird vom Jahre 1750 berichtet, dass nur 50.000 Stück gemischter Stoffe gedruckt worden sind. Erst um das Jahr 1766 fasste die Fabrikation in Lancashire festeren Fuss, woselbst sie später einen ausserordentlichen Aufschwung nahm. Im Jahre 1774 wurde die oben erwähnte Beschränkung aufgehoben, die Abgaben vermindert und 1831 dieselben ganz abgesetzt.


Abb. 351 Kattundruck aus einem Berliner Musterbuch von 1830-1840.


In Frankreich hob man diese Beschränkungen schon früher auf, jedoch gegen den lebhaften Einspruch der Weber in Lyon und Bouen, und blühte daselbst diese Industrie kräftig auf, obschon sich die französischen Kattundrucker den englischen gegenüber insofern im Nachteil befanden, als sie die Baumwollengewebe teuerer bezahlen mussten. Nach Otto v. Schorn, Die Textilkunst, Leipzig 1885, beginnt hier die Entwickelung des Zeugdrucks zu einer eigentlichen Industrie gegen Ende des 17. Jahrhdts., nachdem unter Ludwig XIV eine siamesische Gesandtschaft mit farbigen Blumenmustern bedruckte Kattune nach Frankreich gebracht hatte. Diese fanden Nachahmung und kamen unter der Bezeichnung "Indiennes" in den Handel. (Siehe auch die Artikel Bandanadruck, Batik, Berilldruck, Golgasdruck, Lapisdruck, Walzen-
druck, Wollendruck; auch unter Japan).

Literatur:
Benade & Storck, Der Zeugdruck, Artikel in Karmarsch und Heerens Technischem Wörterbuch, Prag 1890
Breyga, Handbuch des gesamten Baumwollzeugdrueks, Leipzig 1881
Crookes, A practical handbook of dyeing and calico-printing, London 1874
Dépierre, Traité de la teinture et de l'impression des matières colorantes artificielles, Paris 1892
Dingler, Neues Journal für die Indienne- oder Baumwolldruckerei, der Leinen-, Seiden- und Wollzeugdruckerei u.s.w., Augsburg 1815-1818
Duerr, Bleaching and Calico-Printing, London 1896
Forrer, Die Zeugdrucke der byzantinischen, gotischen, romanischen und späteren Kunstepochen, Strassburg 1894
Derselbe, Les imprimeurs de tissus dans leurs relations histor. et artist. avec les corporations, Strassburg 1898
Derselbe, Die Kunst des Zeugdrucks vom Mittelalter bis zum Empirestil, Strassburg 1898
Georgiewics, von, Lehrbuch der chemischen Technologie der Gespinnstfasern, Leipzig und Wien 1898
Grothe, Färberei und Zeugdruck, Leipzig 1885
Joclét, Woll- und Seidendruckerei, Wien 1879
Kielmayer, Die Entwickelung der Färberei, Druckerei und Bleicherei, Augsburg 1879
Kurrer, von, Geschichte der Zeugdruckerei, Nürnberg 1840
Derselbe, Die Druck- und Färbekunst, Wien 1848-50
Derselbe, Das Neueste in dem Gebiet der Färberei und des Kattundrucks, Berlin 1861
Lauber, Handbuch des Zeugdrucks, Wien und Moskau 1887-98
Lehne, Tabellarische Uebersicht über die künstlichen organischen Farbstoffe und ihre Anwendung in Färberei und Zeugdruck, Berlin 1893, Ergänzungsband 1898-99;
Meyer, Das Färben und Bedrucken der Gewebe, Hamburg 1891
Möhlau, Organische Farbstoffe, welche in der Textilindustrie Verwendung finden, Dresden 1890
Noelting und Lehne, Anilinschwarz und seine Anwendung in Färberei und Zeugdruck, Berlin 1892
Persoz, Traité théorique et pratique de l'impression des tissus, Paris 1846
Rouffaer und Juynboll, Die indische Batikkunst und ihre Geschichte, Haarlem 1899
Sansone, Der Zeugdruck, Berlin 1890
Schützenberger, Traité des matières colorantes comprenant leurs applicatious à la teinture et ä l'impression, Paris 1867
Derselbe, Die Farbstoffe mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung in der Färberei und Druckerei, Berlin 1873
Seemann, Japanische Färbeschablonen, Leipzig 1899
Soxhlet, Anilinfärberei und Druckerei auf Baumwollwaren, Wien 1890
Zipser, Geräte und Maschinen der Wäscherei, Bleicherei, Färberei und Druckerei, Wien 1894.
Abbildungen:

Abb. 174 Darstellung aus der Zeitschrift "Sammler-Daheim", 1902, Nr. 20: Leinendamasttischdecke zur Erinnerung an den Frieden von Hubertsburg gewebt. Rand mit Jagdscenen, in Mitte Darstellung der Herrscher mit dem Alliancewappen und dem Schloss Hubertsburg. Sachsen 1763.

Abb. 348 Originalaufnahme aus dem Königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Gedruckter Baumwollenstoff, Grund hellblau, Muster in Weiss ausgespart: Felder mit Schrift. Japan 18. Jahrh.

Abb. 349 Originalaufnahme aus dem Kaiser Friederich-Museum in Berlin: Leinenstoff, in Braunschwarz gedruckt mit einem Adler und Pfauen zwischen einer Borte aus arabischem Ornament. Orient oder Sizilien (?) 12.-13. Jahrh. (Aus einem koptischen Grabe).

Abb. 350 Darstellung aus: Jahrbuch der Königl. Preuss. Kunstsammlungen, Berlin 1880 Druck in Gold und Schwarz auf Baumwolle: In Reihen versetzte Sechsecke aus einem Flechtband, darin je ein Adler; dazwischen kleine Blütensterne, welche teilweise bestickt sind. Original im K. G.-M. zu Berlin. 11.-12. Jhdt.

Abb. 351 Kattundruck aus einem Berliner Musterbuch von 1830-1840.