Die Leinenindustrie war im 15. und 16. Jahrh. nirgends so entwickelt als in Deutschland; indessen schädigte der dreissigjährige Krieg und die späteren Kriege dieselbe aufs schwerste. Die lange Friedenszeit von 1815 ab liess zwar die Leinenweberei in Westfalen, Schlesien, der Lausitz, in
Württemberg neu aufblühen; aber die inzwischen erstarkte ausländische Konkurrenz machte sich doch stärker als zuvor geltend, zumal da man in England, Frankreich und Belgien sowohl in der Spinnerei, als auch in der
Weberei früher zum Maschinenbetriebe gelangte.
An der Spitze der Leinenindustrie steht Grossbritannien, vor allem Irland. Hauptsitze der
Spinnerei von Leinengarnen sind Leeds, Breadford, Dundee, Belfast, Huddersfield, Manchester; die
Weberei hat auch in Irland ihren Hauptsitz. Die Bleichereien gelten als mustergiltig.
In Frankreich ist das Depart. Nord der Hauptsitz der seit 1834 errichteten mechanischen Flachsspinnerei; doch werden die Garne, die sich zum Teil durch besondere Feinheit auszeichnen, meist in Irland verbraucht. Die
Dauphine fertigt vorwiegend Hanfleinwand; besseres Flachsleinen liefern die nordöstlichen Provinzen, die übrige
Weberei meist Mittelware für den inländischen Bedarf.
In
Deutschland vermag die
Spinnerei den einheimischen Bedarf nicht ganz zu decken, doch ist dies mit jedem Jahre besser geworden: 1893 betrug die Ausfuhr von Leinengarnen 2,473, von Leinen- und Seilerwaren 30,021; 1901: 4,9 bez. 22,82 Mill. Mark.
Oesterreich hat in Böhmen, Oesterreich-Schlesien und Mähren zahlreiche Spinnereien, in denen meist gröbere Nummern gesponnen werden. Dort ist auch die
Weberei konzentriert, die zum grossen Teil noch Hausindustrie ist. Mehr und mehr vollzieht sich auch hier der Uebergang zum Fabrikbetrieb.
Belgien verfügt mit 250000 Spindeln über eine Flachsspinnerei, die im Verhältnis zur Bevölkerung die aller anderen Länder übertrifft.
Auch die billigeren Artikel der
Weberei können sich auf dem Wollmarkte neben den englischen und deutschen gut behaupten.
Die
Schweiz ist in ihrer Leinenindustrie nicht auf der Höhe des 16. und 17. Jahrh . (St. Gallen und Appenzell) geblieben. Nur in den feinsten Geweben, den Batisten, Taschentüchern u. drgl. findet noch jetzt eine Ausfuhr statt.
Die Vereinigten Staaten von
Amerika haben der L. noch keine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. In Italien, Spanien, unter den slav. Völkerschaften, besonders in Russland, in den skandinavischen Ländern, wie in den Donaustaaten werden Leinengewebe, teils in Fabriken, teils auf Handstühlen hergestellt, der eigene Bedarf aber nicht gedeckt.