Spitzen (franz.: dentelles, points; engl.: laces; span.: enoajes; ital.: punti); Kanten, Zacken, Besätze, als Endigung, Abschluss oder Einsatz und Verbindung von Stoffen, auch selbständige grössere Arbeiten, deren durchscheinend gemusterte Flächen darauf angelegt sind, einen gegebenen Untergrund wirkungsvoll zu beleben. Sie werden gefertigt aus Fäden der Leinen-, Baumwoll-, Woll-, Seiden-, Gold- und Silbergespinste und entstehen durch Knüpfen, Stricken, Häkeln, Filieren, Sticken, Nähen, Klöppeln und Weben. Der Leinenfaden ist darin in älterer Zeit bevorzugt, seine Faser ist lang und zäh, deshalb widerstandsfähiger gegen Kälte, Hitze, Feuchtigkeit und Trockenheit als andere Fadenarten. Der Gebrauch von Spitzen ist im Anfang gekennzeichnet durch die technische und stilistische Entwickelung. Die Besatzspitze ist zurückzuführen auf eine Verbindung von Endigungen der Ketten- oder Schussfäden eines zur Bedeckung dienenden Stoffes, worin sie den Anfängen der Franse gleichkommt; die Füllspitze ist entstanden einesteils aus dem Durchbruch in Leinen, andererseits aus dem Netz. - Nach den am meisten vorkommenden Gattungen von Sp. unterscheidet man im allgemeinen Nadel-, Klöppel- und Maschinenspitzen.
In dem technischen Entwickelungsgange der Nadelspitze erscheint der einfache Durchbruch: punto tirato (wenn die Fäden in einer Richtung des Gewebes ausgezogen sind), und der doppelte Durchbruch: punto tagliato (Abb. 282) (wenn die Fäden in beiden Richtungen des Gewebes ausgezogen sind), als erste und und älteste Art, von denen sich Beispiele schon an Leinentüchern der koptischen Textilfunde (s. d.) finden. Das Vorkommen von Fransen und Netzen (Abb. 69, 165, 207) daselbst weist darauf hin, dass die aus Flechten gebildete Art von Spitzen zu derselben Zeit ihre Vorläufer hat. Beide Arten der Durchbruchspitze - auch point coupé genannt - haben im 16. Jahrh. vielseitige Ausbildung erfahren: es entstehen als fortlaufende Bänder und Füllungen aus ausgezogenen quadratischen Feldern in Leinendecken geometrische und auch streng stilisierte Muster aus Tier- und Pflanzenformen, die häufig von
Stickerei in weissem
Garn begleitet sind (Tafel X, Abb. 1). Als weitere Entwickelung in ausgeschnittenen Bändern und Feldern solcher Decken, deren Füllung dann wieder durch Benähen der gespannten Netzfäden im Knopflochstich (point de boutonniere) in Sternmustern geschieht, ist der punto di reticella (Netz- oder Sternspitze) entstanden (Tafel X, Abb. 4). Mit der Steigerung des Bedarfs an Spitzen macht man sich von der Leinwand insofern unabhängig, als man das quadratische Vorwerk für die Beticellaspitze auf Pergament herrichtet, womit der Musterung der genähten Spitze die volle Freiheit für die weitere Entwickelung gegeben wurde. Sie ist nun nicht mehr an eine geometrische Linienführung gebunden, es entstehen rundliche Formen, deren Verbindung durch sogenannte Stege (brides) hergestellt wird, und man nennt das Erzeugnis: punto in aria, d. i. Luftspitze (Abb. 283, 284 u. Tafel X, Abb. 9). Diese technische Erweiterung führt allmählich immer mehr zur Aufnahme geschwungener Linien und die Nadelspitze erreicht in dem punto a relievo (Abb. 285), der Reliefspitze Venedigs, einen künstlerischen Höhepunkt. Ihre Herstellungsweise ist eine unendlich mühevolle infolge der ganz frei verlaufenden, an gar kein festes Grundgefüge gebundenen Ranken mit den reizvollsten arabeskenähnlichen Blättern- und Blütenformen aus Tausenden von winzigen in à jour gearbeiteten Füllstichen in den Innenflächen, deren Ränder sich kräftig in mehreren Abstufungen erheben, die nach aussen hin durch zierliche strahlende Ansätze (picots) gemildert werden. Die Eeliefspitze, welche die Italiener je nach der äusseren Gestaltung auch punto a fogliami (mit Laubwerk) und punto a vermicelli (Würmchenspitze) nennen, ist auch am Ende des 16. Jahrhs. und Anfang des 17. Jahrhs. in
Spanien erzeugt worden, jedoch ohne die erhabenen Ränder und in fast noch ungebundenerer freierer edler Zeichnung die besonders in Zacken mit stilisierten Blütenformen zu reicher Entfaltung gebracht wird (Abb. 38).
Am Ende des 17. Jahrhs. gewinnt für die genähte Spitze neben Italien und
Spanien auch Frankreich an Bedeutung. Im Jahre 1666 berief Colbert venetianische Spitzennäherinneu nach Alengon, der Hauptstadt des franz. Depart. Orne, woselbst schon früher den Spitzen verwandte Arbeiten gemacht wurden: eine wertvolle
Arbeit über diesen Ort ist vorhanden in dem Buche von Mme. Despierres: „Histoire du point d'Alencon". Die ersten nach italienischen Vorbildern in Frankreich genähten Spitzen gehen sämtlich unter dem Namen point de France in den Handel; erst als sich die vom Staate privilegierte Gesellschaft im Jahre 1675 auflöst, die in vielen Städten des Reichs arbeiten liess, wird der point d'Alencon wieder selbständig. In dem Buche der Mme. Despierres sind über die Technik der älteren genähten Alenconspitzen die ersten näheren Aufschlüsse gegeben. Hiernach hat eine derartige Nadelspitze bis zu ihrer Fertigstellung 12 Vorgänge durchzumachen, deren Folge, die hier mit einigen Erläuterungen, welche Frau Tina Frauberger in ihrem „Handbuch der Spitzenkunde",
Leipzig 1894, dazu gibt, auch für verwandte Arten solcher Spitzen der heutigen Zeit von Interesse ist:
1) Le dessin, das Muster, das sich in der Alenconspitze im Anfange an das der Relief spitze Venedigs anlehnt, später aber natürlich dem französischen Geschmack der Zeit folgt, wird auf das Papier - früher auf Pergament - aufgezeichnet.
Abb 290 Geklöppelte Flechtspitze aus einem Kölner Musterbuch, Italien (?) 17. Jahrh. Original im Königl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin; dargestellt im Kunstgewerbeblatt, Leipzig 1888, S. 215.
2) Le picage, das Vorstechen: das bis zum Rapport vorgezeichnete Muster wird mit der Pikiernadel auf einer weichen Unterlage in regelmässigen Abständen durchstochen.
3) La trace, das Vornähen: stellt das Gerüste für die einzunähenden Formen oder Füllungen her, nachdem ein Teil des durchstochenen Papiers auf Leinwandstreifen genäht ist.
4) Le fond oder l'entoilage, das Einnähen der Schlingstiche: der Schling- oder Knopflochstich, durch welchen das Ausnähen der Hauptformen des Spitzenmusters geschieht, ähnelt in seinem Aussehen der Leinwand. Kleine Lücken in solchem dichten Grunde nennt der Franzose "portes" oder "jours" und ein Muster, das in kleinen Rautenfeldern abgesetzt ist "quadrilles".
5) Le rempli, die Füllmuster: sie vermehren die Unterabteilungen der Arbeit, deren
Zahl je nach dem Reichtum der Motive des Spitzenmusters wechselt. Bei den Reliefspitzen kommen weniger derselben in Anwendung als in den Grundspitzen erstere müssen, den kräftigen Formen entsprechend, ziemlich fest und dicht gearbeitet werden, während die Gestaltung der anderen Grundmotive fein und luftig geschieht. Einzelne, viel angewendete Füllmuster haben eigene Namen, die nicht nur in Frankreich und Belgien, sondern zum Teil auch heut noch, wo Nadelspitzen gemacht werden, in Gebrauch sind: gaze serree oder ordinaire, gaze claire, gaze quadrillee, point d'Argentan, point mignon, point à trou u. s. w.
6) Les brides, der Steggrund des Musters besteht aus sechseckigen Feldern, zu welchen sich die locker angeordneten Schlingstiche gebildet haben, die hierbei zu einer grossen Masche auseinandergezogen sind. Er wird heut auf die verschiedenste Art ausgeführt, die zum Teil nicht völlig der Herstellungsweise des Steggrundes an den Spitzen des 18. Jahrhs., bei denen er sehr viel und auch als Ziermuster angewendet wurde, entspricht. Es gibt drei Arten des Steggrundes a) brides à picots Stege mit Zähnchen, b) brides bouclées geschlungene Stege, c) brides tortillées gezwirnte Stege.
7) Le réseau, der Maschengrund, von welchem es drei Arten gibt: a) gewöhnlicher = reséau. ordinaire, hergestellt mittels eines doppelt gedrehten Schlingstiches, b) kleiner = petit réseau, aus gleichem
Stich in hin und her gehenden Reihen gearbeitet, c) getupfter = réseau mouché, eine Spielart des vorigen, die zusammen häufig auch als Füllmuster verwendet werden.
8) Les modes, die Zierstiche, welche erst mit dem Aufkommen des Maschengrundes erscheinen, werden zwischen Gerüstfäden ausgeführt, welche den Halt der einzunähenden Muster bilden, sie lassen eine grosse Mannigfaltigkeit der Ausführung zu, ihre Grundlage bildete ursprünglich der einfache und der gezähnte Steggrund.
9) La brode, die
Stickerei dient dazu, dem Muster Halt und festen Umriss zu geben, der es wirkungsvoller, klarer und mit schönen Formen hervortreten lässt, reliefartig zu verstärken und dabei beschädigte Formen auszugleichen.
10) L'enlevage, das Herabnehmen der Spitze von dem Papier wird bewerkstelligt, indem die Fäden, welche zum Aufnähen der Tracierfäden dienten, zwischen den zwei Leinwandstreifen zerschnitten werden.
11) L'eboutage, das Ausbessern der Spitze bevor sie mit den anderen einzeln gearbeiteten Stücken zusammengesetzt wird.
12) L'assemblage, das Zusammensetzen einzelner Teile.
Der Point d'Argentan weist in technischer Beziehung mit der Spitze aus Alencon keinen Unterschied auf (Taf. XI, Abb. 7).
Auch die Brüsseler Nadelspitzen sind den französischen derselben Zeit darin nahe verwandt (Abb. 287); ebenso wie diejenigen, welche früher in Burano erzeugt wurden. Ueber die Entwickelung der Nadelspitze in den Niederlanden ist man nicht genügend unterrichtet, obwohl dort den Klöppelspitzen entsprechend auch mit der Nadel gefertigte Arbeiten entstanden sein werden. Die moderne belgische Spitzenfabrikation verfügt, wie in dem Buche von Tina Frauberger weiter ausgeführt wird, über die ganze Stufenleiter der Nadelspitzenarten:
"Das Bild, das die Industrie jedoch auf den ersten Blicken bietet, ist keineswegs erfreulich. Erst beim Eindringen in die Werkstätten grosser Fabrikanten, bei Durchsicht der auf Bestellung oder für Ausstellungen gearbeiteten Spitzen erhält man eine Vorstellung von dem regen, vorwärts drängenden Geist, dem Kunstverständnis, der technischen Leistungsfähigkeit der heutigen belgischen Spitzenfabrikation, welche mit der französischen Hand in Hand geht. Tatsache ist, dass französische Häuser ihre Spitzen z. T. in Belgien herstellen lassen, Belgien selbst die besten Muster von Paris erhält. Hier wie dort kann das Beste, Vollkommenste erzeugt werden, wenn ein tüchtiger mit künstlerischem Verständnis begabter Leiter die
Arbeit überwacht."
Zu den Spitzen in verschieden er Herstellungsart kann man rechnen die sogen. Band- oder Litzenspitze, welche auch wohl in Nachahmung venetianischer Arbeiten in Italien (?) entstanden, aber insofern von Wichtigkeit ist, als sie der Vorläufer einer grossen Gattung von geklöppelten Spitzen zu sein scheint, indem das planlos auf genähtem Steggrund sich windende Rankenmuster aus gewebter Einlage später in Leinenschlag geklöppelt wurde (Tafel XII Abb. 1).
Abb. 283 Genähte spanische Spitze, 17. Jahrh., aus: Heiden, Musteratlas, Leipzig 1896, Bl. 23.
Eine netzartige Nadelarbeit ist die sogen. Solspitze, welche aus
Spanien stammt (Tafel X, Abb. 3) und deren Industrie sich in neuer Zeit in den südamerikanischen Ländern sehr verbreitet hat (Abb. 288), auch bei uns zu einer neuen Technik (s. Teneriffaarbeiten) mit verwandter Musterung führte.
Zu den im Orient überhaupt wenig erzeugten Spitzen in Nadelarbeit gehört die sogen. "Smyrna'- oder "Armenische Spitze", welche aus bunter und auch ganz aus weisser
Seide hergestellt werden, sie kommen als Besätze, Kostümauflagen u. dergl. vor, ihre Musterung besteht aus Ranken mit frei herausstehenden Blüten, welche die Zacken bilden (Abb. 289).
Die Technik der Klöppelspitzen (franz.: faits au fuseau ital.:dentelli a piombini; engl.: pillow laces) beruht auf einer Drehung und Kreuzung von Fäden, durch welche nach Massgabe eines auf dem Klöppelkissen befindlichen Klöppelbriefes mittels der das Material enthaltenden Klöppel nach den durch vorgesteckte Nadeln geleiteten Schlägen
Grund und Muster zugleich entstehen. Diese wie offene und dichte Gewebeflächen erscheinenden Fadengebilde haben ihre technische Entwickelung in der Herstellung von Grundmustern, welche nach bestimmten Arten der Verschlingung sich äusserlich unterscheiden, ihnen voran geht der einfachste Flechtenschlag, der durch 2 Klöppelpaare Börtchen herstellt, die gleichlautend bezeichnet werden; breitere in dieser Art geklöppelte Spitzen, heissen Flechtspitze; es folgen als Grundmuster:
1. einfacher Löcherschlag mit 4 Klöppelpaaren,
2. Löcherschlag mit doppelt gedrehten Fäden mit 6 Klöppelpaaren,
3. Netzschlag mit 4 Klöppelpaaren,
4. Leinenschlag mit 4 Klöppelpaaren,
5. Tüllgrund mit 6 Klöppelpaaren,
6. Brüsseler
Grund mit 6 Klöppelpaaren,
7. Fond à la vierge mit 8 Klöppelpaaren,
8. Eternellegrund mit 8 Klöppelpaaren,
9. Rosengrund mit 10 Klöppelpaaren,
10. Ziergrund aus Löcherschlag mit Flechtenschlägen mit 10 Klöppelpaaren,
11. Valenciennes - Grund, aus Flechten mit 2 Klöppelpaaren, im ganzen mit 10 Klöppelpaaren.
Die Einteilung der Klöppelspitzen nach Herkunft und Zeit ist noch schwieriger, als bei den Nadelspitzen; der Versuch, es auf
Grund der angeführten technischen Verfahren zu ermöglichen, dem auch das Handbuch der Spitzenkunde von Tina Frauberger folgt, scheint noch am ehesten zum Ziele zu führen. Es lassen sich demnach unterscheiden Flechtspitzen, Formenschlagspitzen, Leinenschlagspitzen, Leinenschlagspitzen mit Netzgrund, Ziernetzspitzen, denen sich solche anschliessen welche durch Vereinigung von Klöppel- und Nadelarbeit hergestellt wurden.
Die Flechtspitze darf ihrer einfachen Technik entsprechend als die älteste gelten; sie ist seit dem Ende des 15. Jahrh. nicht nur in Italien, sondern auch in Spanien, den Niederlanden und
Deutschland hergestellt und besteht gewöhnlich aus Zacken, die sich am ehesten als Besatz eignen (Abb. 290).
Die Formenschlagspitze zeigt Muster in breiteren Einzelheiten als die Flechtspitze (Abb. 291), ihre bandartigen Flächen bilden Kreise und Rosettenfelder in Quadraten und halbrunden Zacken, die im ganzen an den italienischen Typus der Reticeilaspitze erinnern. Die Zwischenteile sind gewöhnlich durch ein ovales Blättchen, das man Haberkorn, Gerstenkorn, auch wohl mouches nennt, gefüllt. Diese Art der Formenschlagspitze soll im 17. Jahrh. hauptsächlich in
Genua gemacht worden sein, woselbst auch dergleichen Arbeiten in Metallfäden hergestellt wurden (Tafel XII, Abb. 6).
Die
Leinenschlagspitze tritt mit der Aufnahme geschwungener Formen mehr und mehr in den Vordergrund (Abb. 292, 293). Als Heimat dieser Gattung von Klöppelspitzen wird Flandern, Brabant und Schleswig angenommen, woselbst sie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. erscheinen; im
Erzgebirge, in Hussland (Abb. 294) und in sonstigen slawischen Ländern haben sie sich in einfacheren Mustern bis zum heutigen Tage erhalten. Man bezeichnet solche Spitzen auch noch als Leinenrissspitzen, Spitzen mit unterbrochenem Riss oder mit geteiltem Riss und nach der Art des Musters und eigentümlicher technischer Varianten als Klosterarbeit, sowie nach der Verwendungsart als Kirchenspitzen. In bunter
Seide kommen übrigens dergleichen Muster auch in mährischen Aermelbesätzen, in Verbindung mit Stickereien auf Leinen vor. Als Abart gehört zu dieser Gruppe auch die Guipüre-, Gimpen- oder Posamentierspitze, deren Aussehen infolge des Materials und der dadurch bedingten technischen Eigentümlichkeit ein von den Leinenspitzen grundverschiedenes ist, trotzdem hat das Wort
Guipüre (s.d.) auch für solche Aufnahme gefunden (Tafel XII, Abb. 6).
Abb. 165 Originalaufnahme aus dem Königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Teil einer phrygischen Mütze, Netzarbeit in gelblichem Grarn Musterung aus Streifen mit Spitzbogenstellungen, in welchen je ein Kreuz. Koptisch 5. 7. Jahrh.
Die Leinenschlagspitzen mit Netzgrund sind in technischer Beziehung der vorigen Gruppe verwandt; nur dass die Verbindungen aus einem regelmässig gestalteten Netz g€bildet werden (Tafel XI u. Abb. 292). Die Musterung innerhalb desselben scheint sich ganz den Nadelspitzen Italiens anzupassen. Zu Voluten aufgerollte wellig gelegte Ranken endigen in Zweige und Blüten, die teilweis schon mit einem Ziernetz durchbrochen sind. Der Ausgangspunkt für diese Art der Klöppelspitzen scheint die Reliefspitze Venedigs gewesen zu sein, der das Rankenmuster aus gewebter Litze mit genähtem Grunde folgte. Diese Spitzen sollen, wie die der vorigen Gruppe, meist in Flandern und Brabant hergestellt worden sein; von einigen wird auch Mailand (?) als Herstellungsort einer gleichen Art genannt.
Die Gruppe der Ziernetzspitzen steht bezüglich der technischen Vollkommenheit in der Kunst des Klöppelns auf gleicher Höhe wie in ihrer Weise die gleichzeitigen Nadelarbeiten des 18. Jahrh., mit denen auch die Muster zu wetteifern scheinen. Mit der vorigen Art von Klöppelspitzen haben nur noch die ziemlich allgemein bezeichneten Valenciennes-Spitzen die meiste Verwandtschaft (Tafel XII u. Abb. 295), unterscheiden sich aber, wie auch die noch folgenden Arten, durch den überaus feinen Faden, mit dem sie hergestellt sind, und die etwas lockere Bildung des Leinenschlages, aus dem das Muster besteht (Abb. 295). Unter der grossen Gruppe von Valenciennes-Spitzen erscheinen besonders feine Klöppelarbeiten, die man für Erzeugnisse aus Bin che hält und zwar in Nachahmung der point d'Angleterre (?); auch Spitzen aus
Ypern sollen von ähnlichem Charakter sein. Die in Malines und Umgegend erzeugten Spitzen (Abb. 296) gehören zu den wenigen Arten von Klöppelarbeiten, welche am ehesten richtig erkannt werden wegen des stärkeren Arbeitsfadens, der das im Leinenschlag hergestellte Muster umgibt (Tafel XI, Abb. 296). Eine verwandte technische Eigenart wohnt auch den sogen. Brüsseler Spitzen inne (s. Abb. 287), das in einer einzigen Bändchenauflage der Ränder einzelner Teile des Musters besteht und durch das Zurückführen des Fadens gebildet wird.
In die Gruppe der Spitzen mit vereinigter Klöppel- und Nadelarbeit gehören zunächst die Aufnähspitzen, deren Formen geklöppelt und entweder auf einen echten Klöppelgrund oder auf Tüll aufgenäht werden. Man ordnet auch den viel umstrittenen point d'Angleterre hier hinein, um dessen Erzeugung sich auch Frankreich und die Niederlande streiten. Zu den kombinierten Spitzen werden ferner die seidenen Spitzen, sogen. Blonden (Abb. 297), dann die in mehreren Orten Frankreichs (Bayeux, Le Puy u. s. w.) erzeugten Chantilly- Spitzen und endlich die als Torchonspitzen vorkommenden Arten, deren geometrische Muster aus den einfachsten Verflechtungen gebildet werden.
Unter den drei Arten von Maschinenspitzen sind die auf
Grund der im Jahre 1809 von Heathcoat erfundenen Bobbinnetmaschine (s. d.) entstandenen Erzeugnisse die ältesten. Der erste Vorschlag zur Einführung der Jacquardmaschine in Bobbiunetweberei ging einem französischen Patent zufolge im Jahre 1824 von Colas et Delompues in Lyon aus doch erst zu Anfang der 1840 er Jahre gelang es Samuel Draper in Nottingham, die praktische Anwendung der Jacquardmaschine in der Tüllspitzenfabrikation mit Erfolg zu erzielen. Den Hauptanteil in der Maschinenspitzenfabrikation nehmen England und Frankreich; neben diesen kommen Oesterreich und in neuester Zeit, bezüglich der Anfertigung von Tüllgardinen, das Königreich
Sachsen in Betracht. Den Hauptsitz der englischen Fabrikation bildet Nottingham und Umgebung; in Frankreich ist es vorzugsweise Calais und Saint-Pierre les Calais, welche ausgezeichnete Tüllspitzenfabrikate liefern.
Die Tüllspitzen sind zusammengesetzte, teils leinwandbindige teils gazebindige, gobelinartige Gewebe, bestehen also aus zwei Fadensystemen, der Kette und dem
Schuss Die Kettenfäden laufen geradlinig oder im Zickzack der Spitze entlang und bilden in letzterem Falle das Gerippe für die zu erzeugenden Grundmaschen. Die Schussfäden erstrecken sich stets nur über den von 1-3 Kettenfäden begrenzten Raum.
Geklöppelte Maschinenspitzen sind vornehmlich solche Arten, die wie die Torchonspitze, sich durch einfache Bindungsweise des Grundes auszeichnen, und einfach gemusterte schmale Valenciennes. In den Jahren 1872 bis 1873 versuchte der Franzose Malhère grössere Mannigfaltigkeit in die Erzeugnisse der Klöppelmaschine zu bringen, indem er jedem einzelnen Klöppel die Tätigkeit und den Weg durch eine Jacquardmaschine vorschrieb, so dass sämtliche Klöppel einer Maschine ebenso unabhängig voneinander bewegt werden können, wie dies von der Klöpplerin bei der Führung der Handklöppel geschieht. Mangelhafte Ausführung der Maschine verhinderte jedoch die praktische Verwertung.
Abb. 207 Originalaufnahme aus dem Königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Teil einer Mütze, Netzarbeit in gelblichem Garn. Aus einem koptischen Grabe des 5.-7. Jahrhs.
Die Luft- oder
Aetzspitzen werden auf Plattstichstickmaschinen erzeugt; man fertigt hierauf die Muster durch
Stickerei auf
Zeug oder Papier an und entfernt durch Ausätzen die zwischen den Figuren stehen gebliebenen Teile. Nach dem älteren Verfahren sind das Grundgewebe und die Stickfäden von verschiedenem Material (z. B. Baumwolle und Wolle), so dass ihre Zerstörung verschiedene chemisch wechselnde Mittel erfordert; in neuerer Zeit werden zu dem Grundgewebe und den Stickfäden gleiche Materialien verwendet und das erstere vor dem Besticken durch Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure so vorbereitet, dass es nach dem Besticken beim Erhitzen zerstört wird oder es werden die Stickfäden mit Salmiakgeist oder alkalischer Lauge durchtränkt und das Grundgewebe nach dem Besticken durch ein Säurebad entfernt (s.
Stickerei S. 525).
Ueber den geschichtlichen Entwickelungsgang der Spitze ist man trotz einer Reihe guter literarischer Arbeiten (Mrs. B. Palliser, History of lace, London 1902; ältere Auflage von 1875 in franz. Uebersetzung: Histoire de la dentelle, 1890; J. Seguin, La dentelle, Paris 1875; Mme. Despierres, Histoire du point d'Alencon, Paris 1886; Tina Frauberger, Handbuch der Spitzenkunde,
Leipzig 1894; Dr. M. Dreger, Entwickelungsgeschichte der Spitze,
Wien 1901) nicht völlig unterrichtet, da die Bearbeitung des Materials hinsichtlich der Gleichartigkeit und Uebertragung, ferner durch missverstandene Ausdrücke der Technik, Musterung usw. eine der schwierigsten ist, welche sich den Forschungen hierdurch eröffnet.
Spitzen im engeren Sinne erscheinen erst mit dem 16. Jahrh.; die Nadelspitze als pnnto tagliato, die Klöppelspitze gleichzeitig in Form einer Flechtenspitze.Beide Arten können ihren Ursprung in Italien haben: die Nadelarbeit jedenfalls; für die Klöppelspitze kommen auch die Niederlande in Frage. Bestimmtere Daten über die Industrie in den einzelnen Ländern und Orten hat man versucht zu ermitteln aus Bildern, aus Musterbüchern und aus erhaltenen Urkunden in Inventar en u. dgl.
Italien nimmt zunächst ein besonderes Interesse in Anspruch, woselbst Venedig als die gerühmteste Erzeugungsstätte genannt wird. Dr. Dreger führt u. a. das für die Entwickelung der Spitze überhaupt höchst wertvolle "New Modelbuch" an, das zwischen 1561 und 62 bei Christoff Froschower in
Zürich erschienen ist und "allerlei Art Klöppelschnüre, wie sie derzeit in Ober-Deutschland gang und gäbe sind" ... "die jetzt von 25 Jahren in unseren Landen aufgekommen und gebräuchlich sind", enthalten. "Sie wurden nämlich im Jahre 1536 zum erstenmal durch Kaufleute aus Venedig und aus Italien gebracht." Dieses Buch macht uns auch mit den in jener Zeit gebräuchlichen Benennungen von Spitzen bekannt, die nach italienischen Nadelarbeiten in
Deutschland geklöppelt wurden. So z, B. eine Borte mit
Andreaskreuz (sechseckige Felder mit gekreuzten Balken in Rauten), ganz in Art des geometrischen Doppeldurchbruchs, ferner ähnliche mit eckigem S und 0, auch "Bädlemodle" mit ovalen Rosetten aus grösseren und kleineren Löchern u. a. m. Bei jedem dieser Muster ist die
Zahl der Klöppel angegeben, mit welchen die
Arbeit herzustellen ist. Ausser den Durchbrucharbeiten und berühmten Reliefspitzen müssen in Venedig auch Goldspitzen erzeugt sein; denn es wird erwähnt, dass im Jahre 1574 sich Heinrich III bei einem Besuche daselbst über dergleichen Arbeiten ausspricht.
Auch in Mailand und
Genua werden Metallspitzen erzeugt, doch sind die Klöppelarbeiten in Leinen verbreiteter. Vor dem 17. Jahrh. wird Genuesische Spitze wenig erwähnt, seit 1639 ist sie allgemein in Gebrauch unter dem Namen point de Genes und bildet einen bedeutenden Handelsartikel. 1764 heisst es bei Palliser: "In
Genua werden viele Spitzen erzeugt, die jedoch im Vergleich zu flandrischer
Arbeit minderwertiger Art sind. Die Industrie geht, wie die venetianische, durch die vielen Edikte und Einfuhrverbote des Auslandes schliesslich zugrunde. Spitze wird dort "pizzo" genannt, es werden nur Klöppelspitzen a piombini oder a mazetta gemacht. Die Spitzenerzeugung ist der Küste entlang von
Albisola bis Santa Margherita bekannt. Spitzen von Albisola, schwarz oder weissfarbig, bildeten einst einen ansehnlichen Ausfuhrgegenstand nach Cadiz, Madrid und
Sevilla In den Kirchen der Stadt werden Spitzen aufbewahrt, die um 1600 dort angefertigt worden sind; auch Spitzen aus Aloefasern werden dort erzeugt.Burano erzeugt etwa Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhdts. Spitzen: über ihre Nadelarbeit nach flandrischer Art scheint man sich nicht klar zu sein, eine Nachahmung des point d'Alencon enthält auf dichtem Grunde Streumuster, die wie gestickt erscheinen.
Abb. 282 Mexikanische moderne Durchbrucharbeit aus: Sammler-Daheim 1900, S. 1160.
Spanien erscheint in Italien als „punto di Spagna" schon zurzeit der Renaissance, seine Erzeugnisse sind aber wohl, mit Ausnahme der sogen. Solspitze, auf italienische Nachahmungen zurückzuführen; dieselben gelangen erst später zu grösserer Bedeutung. Eine Vereinigung von geschnittener Spitze in Leinen, mit
Stickerei in farbiger
Seide und mit Umrandung von Goldösen ist nur in wenigen Beispielen aus
Spanien erhalten (Abb. 298), hingegen war die Filetarbeit in Weiss und solche mit bunter
Stickerei im 17. Jahrh. sehr ausgebildet. Nach Angaben von Palliser fasst man unter "point d'Espagne" allgemein Gold- oder
Silberspitzen und jene in Farben gestickte Spitzen zusammen, die während der Regierung Louis XIV viel in Frankreich getragen wurden. In spanischen Dokumenten aus Toledo und
Sevilla aus dem 15. und 16. Jahrh. und aus
Granada im 16. und 17. Jahrh. wird nichts von Spitzen erwähnt. Erst bei der Auflösung spanischer Klöster im Jahre 1830 lernt man dort angefertigte Nadelspitzenarbeiten kennen. Ferner führt Tina Frauberger aus Palisser an: "Im 17. Jahrhundert sollen in
Spanien viele Frauen mit der Erzeugung von Gold-, Silber- und Leinenspitzen beschäftigt gewesen sein, die, was Schönheit der
Arbeit betrifft, Aehnlichkeit mit der Spitze aus Flandern gehabt habe. Dagegen heisst es 1634,
Spanien beziehe viele Spitzen aus Isle de France, während die Franzosen flandrische Spitzen vorziehen. Von
Antwerpen wurden Spitzen über Cadiz nach
Spanien gebracht unter dem Namen: puntos de mosquito e de transillas. Gegen die Mitte des 18. Jahrhdts. scheint die Spitzenindustrie in Verfall geraten zu sein. Goldund
Silberspitzen werden in Barcelona, Talavera de la Beyna, Valencia und
Sevilla gemacht. In Catalonien, besonders in Barcelona, werden seidene Spitzen, Blonden, erzeugt."
Portugal erzeugt Nadelarbeiten, jedoch nicht als Industrie. 1726 wird Portugues point erwähnt. Nach 1755 gründet der Marquis de Pombal eine Spitzenmanufaktur in Lissabon. In Madeira, Brasilien, Venezuela, Chile, Paraguay werden schmale Klöppelspitzen und solche in Nachahmung der alten spanischen Solspitzen angefertigt.
In Frankreich steht als Spitzenerzeugungsstätte Alencon obenan, woselbst nach der Mitte des 17. Jahrhdts. eine Manufaktur errichtet wird, die nach Vorbildern aus Venedig arbeitet. Eine Nadelspitze velin wird im Zusammenhange mit point de coupe zum erstenmal 1639, dieser zuletzt 1662 genannt (Abb. 299 und Tafel XI, Abb. 4). Ueber die hier gegründete Gesellschaft s. S. 403 unter point de France; über Technik, Muster usw. S. 498 ff.. Ueber andere französische Spitzenmanufakturen berichtet Seguin: In Argentau wird 1665 von der Königl. Manufaktur ein Bureau errichtet, das bis 1675 bestand. Dann hört man nichts mehr davon bis zum Jahre 1708, von welcher Zeit an wieder Spitzen fabriziert werden und zwar meist Spitzen mit réseau de brides, 1810 war die Fabrikation hier zu Ende. Die Spitzenmanufaktur in Lille beginnt mit den ersten Jahren des 17. Jahrhdts.; man machte Klöppelspitzen facon Malines oder facon Valenciennes. Die heute unter diesem Namen Spitze hat Aehnlichkeit mit der Malines, unterscheidet sich jedoch im réseau, der viel feiner ist.
Arras arbeitete wie Lille; im vorigen Jahrh. schätzte man die Spitzenarbeiterzahl von Lille und
Arras auf 30000, heute sind es nur noch wenige Hundert. Le Puy wird unter den französischen Städten als diejenige betrachtet, die zuerst Spitzen erzeugte; man machte Klöppelspitzen: Blonden, seidene Spitzen, solche von Leinen in allen Farben, wollene Spitzen und guipures modernes. Anfänglich ahmte man die "guipures gothiques, italiennes" nach, die einzigen im 16. Jahrh. bekannten Spitzen; später unterwirft man sie der Mode, ändert die Muster und nimmt als Vorbild die Malines- und alten Valenciennesspitzen. Aurillac war ein wichtiger Mittelpunkt der Spitzenerzeugung, die sich von dort in Murat bis Limousin ausbreitete. Man weiss nichts über den Anfang dieser Industrie, die sich gegen die Mitte des 17. Jahrhdts. entwickelt, wo die Erzeugnisse dieser Stadt gesucht sind. Ende des 17. Jahrhdts. sollen auch hier Metallspitzen gefertigt sein. Unter point d' Aurillac sind stets Klöppelarbeiten zu verstehen. Die Industrie ist vor 1789 zu Ende. In Tulle wurden gewöhnliche Spitzen gemacht. Man verfertigte auch Streifen einfachen, geklöppelten Netzwerkes, das man den Spitzen anzusetzen pflegte, um sie zu verbreitern. Als man die Spitzen gefältelt zu tragen begann und sie in Reihen übereinandersetzte, wurden solche Streifen sehr wichtig. Im besonderen beschäftigte sich Tulle mit der Herstellung solcher ungemusterter Netzstreifen. Mirecourt gilt als eine der ältesten Spitzenfabriken Frankreichs; man machte dort Klöppelspitzen. Im 17. Jahrh. befand sich in Dijon eine Spitzenmanufaktur, wo man Klöppelarbeiten fertigte; sie war gegründet, um Findelkindern Beschäftigung zu geben. Gegen die Mitte des 18. Jahrhdts. wird ihrer nicht mehr erwähnt. In Auxerre gründete Colbert eine Manufaktur des points de France, deren Betrieb aber bald eingestellt wurde.
Sedan erzeugte Nadelspitzen unter gleichem Namen, die sich in der Musterung denen von
Argentan anschliessen. Die Manufaktur von Lyon ist gegen die Mitte des 17. Jahrhdts. für Gold- und
Silberspitzen die bemerkenswerteste von Frankreich. Saint Etiennes Spitzen gleichen den Valenciennesarten Saint Bonnet le Chateau ist jetzt Mittelpunkt dieser Fabrikation. Bourg Argental scheint ehemals eine Fabrik für Blonden gehabt zu haben; um 1778 war die Fabrik schon 20 Jahre alt; auch in Sassenages in der
Dauphine wurden Blonden angefertigt, ebenso in Pont de Beauvoisin, wo die Manufaktur bei Ausbruch der Revolution 1789 aufhörte. Chantilly wird weder im 17. noch im 18. Jahrh. erwähnt, während sich die nächste Umgebung von Paris mehr und mehr der Spitzenarbeit begab, späterhin der Mittelpunkt für die Spitzenindustrie der Isle de France. Man fertigte Klöppelspitzen an, besonders seidene. Die weissen Leinenspitzen von Isle de France waren zuerst point coupe und passements aux fuseaux ou guipures gothiques. Dann kamen die blumigen Muster unter Louis XIV welche points de France, gleichviel ob Nadel- oder Klöppelarbeit, genannt werden, dann die points de Malines und d'Angleterre. Die Spitzenarbeit von
Dieppe erscheint zuerst Ende des 17. Jahrhdts. In Caen und Bayeux haben sich die jüngeren Industrien sehr entwickelt; Caen wird zum erstenmal 1705 genannt, es werden zuerst dort Leinen-, dann schwarze Seidenspitzen und Blonden gemacht. Bayeux's Spitzenmanufaktur, die heute hohes Ansehen geniesst, entstand 1709. Man fertigte weisse und schwarzseidene Spitzen an. Seit einigen Jahren hat M. A. Lefébure dort die Nadelspitzenarbeit eingeführt und entwickelt.
Abb. 284 Genähte spanische Spitze, 17. Jahrh., aus: Heiden, Musteratlas, Leipzig 1896, Bl. 23.
Die Niederlande nehmen im Bereiche der Spitzenindustrie, besonders der Klöppelarbeiten, eine hervorragende Stelle ein, so dass man sogar annimmt, die Technik der letzteren wäre hier, unabhängig von Italien, aus den Arbeiten der Posamentierer heraus entstanden. Jedenfalls geben niederländische Bilder aus dem Anfange des 16. Jahrhdts. Beweise dafür, dass hier durchbrochene Leinenarbeit nicht unbekannt war, wenngleich Spitzenmuster auf einen Zusammenhang mit Italien hinweisen. Peiche Ausbildung erfahren die Zackenbesätze der Kragen, deren geometrische Klöppelmuster auf Peticellavorlagen zurückgehen. Neben den rein geometrischen Durchbruch- und Zackenarbeiten, die, nach den Bildern zu schliessen, bis in die Mitte des 17. Jahrhdts. vorherrschen, gewahren wir auch die Blumen-, Panken-, Schnörkel- und Vasenmotive, die wir bereits in den italienischen Musterbüchern fanden; nur ist der Eindruck, da die Arbeiten meist in Klöppeltechnik ausgeführt sind und auf die Reinheit der Form weit weniger Wert gelegt ist, ein einigermassen anderer. Vgl. Dr. M. Dreger, Entwickelungsgeschichte der Spitze,
Wien 1901, S. 63, der sich darüber noch weiter ausspricht:
Abb. 285 Genähte venetianische Spitze (Haubendeckel), 17. Jahrh., aus: Heiden, Musteratlas, Leipzig 1896, Bl. 144.
"Wenn
Holland selbst vielleicht auch weniger Spitzen erzeugte, obgleich es wenigstens um 1660-1670 sogar nach England und Italien ausführen konnte, so richteten sich jedenfalls viele Orte der Niederlande nach diesem Absatzgebiete und waren ihm ja auch geistig in mancher Beziehung nahe verwandt. Durch ihre Dichtheit scheint die ganze Spitze viel glatter, ruhiger; die kräftige Form geht allerdings verloren, das Ganze erscheint mehr als einheitlicher, duftiger
Stoff So wie die holländische Malerei gegenüber der italienischen Linearverkürzung mehr die Luftperspektive betont, so sind auch hier mehr Tonwerte als scharfe Formen gegeben. Das ist nicht mehr die klare Renaissance des Südens; es liegt im Ganzen ein gewisser Dämmerschein, wie er die Natur des Nordens und die Seelen des Nordländers immer durchzieht. Es ist darum auch nicht zu verwundern, dass diese Art der Spitze von
Holland bis Schleswig hin gepflegt wurde und, wie wir aus englischen Bildnissen ersehen, auch in England besonders beliebt war. Es kann aber auch nicht befremden, dass die nordische Spitze mit ihrer sozusagen gemilderten Renaissancerichtung in den Ländern, die der Barocke erst zustrebten, gleichfalls Absatz fand und später auch auf das halb barocke, halb klassizistische Frankreich wieder Einfluss erlangte. Jedenfalls nimmt die niederländische Spitze, wie wir aus dem Kampfe der Nachbarstaaten gegen ihre Einfuhr deutlich erkennen, bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhdts. einen ganz besonderen Rang ein für die südlichen Niederlande, insbesondere für Antwerpen, Brügge, Gent,
Ypern und Lüttich - Brüssel tritt erst später mehr in den Vordergrund - bildet die Klöppelarbeit bereits eine Hauptquelle des Reichtums."
Als Erzeugnis aus
Antwerpen werden die sogen. Pottenkanten (Tafel XI, Abb. 12, 13) bezeichnet, die bis zum 18. Jahrh. in Klöppelarbeit hergestellt wurden. Das darin vorherrschende Vasenmotiv erscheint als Nadelarbeit schon früher und ist auch in anderer Form in einer aus Italien stammenden Klöppelspitze des 17. Jahrh. vorhanden (Abb. 300).
England ist in der Spitzenerzeugung zunächst auch vom Auslande abhängig: schon im Jahre 1463 verbietet Eduard IV. die Einfuhr von Spitzenarten, womit aber mehr Borten, Besätze und
Schnüre in Art von Posamentierarbeiten gemeint sind; auch bei einem 1556 beschriebenen Hemd, welches der Königin Mary als Neujahrsgeschenk überreicht wird, heisst es "mit weisser florentinischer Arbeit", woraus nicht ersichtlich, ob dies Spitze war; aber sicher weisen auch hier die Bilder auf italienische Arbeiten hin. Ferner werden Verbote erlassen gegen die Einfuhr flanderischer Spitzen, die später aufgehoben sind. (Vgl. die von Tina Frauberger gesammelten Auszüge aus dem Werke der Palliser.) Unter der Königin Anna (1702-1714) erscheinen die Mechelner und Brüsseler Spitzen in den Rechnungen des Hofes. 1711 wird die Einführung von Grold- und Silberspitze verboten. Unter Georg II (1727-bis 1760) sind Brüsseler Spitzen sehr beliebt. Anlässlich der Hochzeit des Prinzen von
Wales (1736) trägt der Hof gleichwohl Spitzen englischer Herkunft; nur der Herzog von Marlborough erscheint in point d'Espagne. Georg III.(1760-1820) ordnet 1764 an, dass bei der Hochzeit seiner Schwester mit dem Herzog von Braunschweig alle Stoffe und Spitzen, die getragen werden, englischer Herkunft sein sollen. Man achtet des Befehls wenig. Drei Tage vor der Hochzeit wird bei der Modistin des Hofes Nachforschung gehalten und beinahe alle Spitzen, Silber- und Goldstoffe werden beschlagnahmt. In Frankreich werden um 1788 englische Spitzen getragen, während man in England immer noch flanderisches Fabrikat bevorzugt. Im 16. und 17. Jahrh. scheinen sich Klöppelspitzenmanufakturen in verschiedenen englischen Grafschaften befunden zu haben; doch hat es nur Devonshire zu einem Ruf von Dauer gebracht, unter ihnen sind die von
Honiton am bekanntesten. Im Jahre 1623 werden die Klöppelspitzenarbeiten aus Buckinghamshire erwähnt; auch in Bedfordshire wurden Spitzen erzeugt, in beiden Orten wurde nach Vorbildern von Lille und
Arras gearbeitet, so dass jene Erzeugnisse oft mit der Bezeichnung Englisch Lille vorkommen. Gegen Ende des 18. Jahrb., seit dem Ausbruch des Krieges mit der französischen Bepublik und dem ihm folgenden Zollkriege nahm die Spitzenmanufaktur in England neuen Aufschwung. Man deckte den Bedarf an Spitzen durch heimatliche Fabrikate. Mit bestem Erfolge wurden französische Spitzen nachgeahmt, die mit Hausse Valenciennes oder French ground bezeichnet werden. Seit 1815 beginnt sich die englische Spitzenarbeit wieder lebhafter zu entwickeln, 1862 (Weltausstellung) ist schon ein grosser Fortschritt bemerkbar. Ueber den Point d'Angleterre äussert sich Dr. Dreger in seinem Spitzenwerke (S. 97) folgendermassen:
Abb. 286 Genähte spanische Spitze, 17. Jahrh., aus: Heiden, Musteratlas, Leipzig 1896, Bl. 23.
"Was der p.d'A., der auch sonst häufig vorkommt, eigentlich ist, darüber gehen die Meinungen der Forscher allerdings sehr auseinander. Viele wollen, mit Seguin, in ihm eine ganz bestimmte Art erkennen; andere wie Frau Palliser nehmen an, dass der Point d'
Angleterre überhaupt ein niederländisches Erzeugnis ist, dass nur deshalb so genannt wurde, weil es insbesondere für England angefertigt wurde; im Kauderwelsch der Geschäftswelt bezeichnet man wieder einige bestimmte Arten mit diesem Namen, doch ohne anzuerkennenden
Grund Ich glaube, dass die Hauptursache der Meinungsverschiedenheit wieder darin beruht, dass man urkundliche Erwähnungen aus den allerverschiedensten Zeiten durcheinanderbringt und nicht bedenkt, dass in manchen Erwähnungen der Ausdruck "d'Angleterre" tatsächlich den Erzeugungsort, in anderen einen Typus bezeichnen soll. Bei dem engen Zusammenhange, den wir bisher immer zwischen den Niederlanden und England sahen, bin ich übrigens überzeugt, dass man die Spitzenarten der beiden Länder überhaupt nicht klar auseinanderhalten kann, ... "u.s.w.
In
Schottland heisst die Spitze pearlin; 1621 wird angeordnet, dass nur pearlin, welche in
Schottland erzeugt wurde, getragen werden darf. Um die Mitte des 18. Jahrb. bringt die Herzogin von
Hamilton Spitzenarbeiterinnen vom Kontinent nach Schottland, um mit deren Hilfe diese
Arbeit einzuführen. 1754 und 1778 heisst es, dass die Unternehmung der Herzogin Fortschritte macht; nach dem wird der Spitzenarbeit in
Schottland nicht mehr erwähnt.
In Irland bildet sich am Anfange des 18. Jahrh. die
Dublin Society, welche patriotische Unternehmungen fördert; seit 1773 wird derselben nicht mehr gedacht. Im Jahre 1846, avo Irland von der Hungersnot heimgesucht wurde, sucht man den Armen durch Einführung der Spitzenarbeit Verdienst zu verschaffen. Lady de Vere ist die erste, die Unterricht in der Schule in Curragh erteilen lässt. Die
Arbeit ist unter Irish oder Curragh point bekannt. Vorbild war Brüsseler Applikationsspitze. Bekannt ist Irish lacet. Der
Grund ist crochet (Häkelarbeit), in welchen das Muster eingesetzt ist, das mit Spitzenstichen gefüllt ist.
Ueber die Einführung der Spitzen in
Deutschland gibt das auf S. 506 erwähnte Züricher Modelbuch die beste Auskunft. Von italienischen Mustern hat zunächst die Reticellaspitze die weiteste Ausbildung und Umgestaltung erfahren; auch die italienische Rankenspitze erfährt in
Deutschland eine wenig künstlerische Verwertung, welche derjenigen in den slawischen Ländern gleichkommt. Auf eine nicht unbedeutende Spitzenerzeugung in den Rheinlanden weist ein Musterbuch mit Originalproben hin, welches im Königl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin aufbewahrt wird. Dasselbe stammt aus Köln und enthält Filetarbeiten und Klöppelspitzen des 17. Jahrh., von denen einige den italienischen Ursprung verraten (vgl. Abb. 290, 291), andere aber (Abb. 301, 302) wohl als selbständige Erzeugnisse gelten können, worauf namentlich das Wolkenband in Abb. 302 hindeutet, das auch in früheren rheinländischen Wirkereien erscheint. Die Spitze des sächsischen Erzgebirges (Abb. 303, 304), durch Barbara Uttmann, geb. v. Elterlein (geb. 1514, gest. 1575) eingeführt - vgl. hierüber das
Werk von Emil Finck, Barbara Uttmann, die Begründerin der Spitzenindustrie im Erzgebirge.
Annaberg 1886, Rudolph & Dieterici - hat unzweifelhaft ihre Entstehung in der Bortenwirkerei und Schnurwerken der Posamentierer, was mir bestätigt wird durch einige Blätter aus einem Musterbuch mit Originalarbeiten, welche das Museum in Breslau besitzt. Auf
Grund solcher Arbeiten hat Barbara Uttmann unter der Mithilfe protestantischer Brabanterinnen die Klöppelarbeit dort eingeführt, welche sich bald in der Umgegend verbreitete, worüber eine im Jahre 1827 von Heinrich Repmann erschienene Schrift berichtet:
Abb. 287 Geklöppelte Spitze, Brüssel Anlang 18. Jahrh. Original: Königl. Kunstgewerbemuseum Berlin
"Anfangs hatte das Spitzenklöppeln bloss zu
Annaberg seinen Sitz und war noch kein Gegenstand der sächsischen Gesetzgebung geworden. Bald verbreitete es sich aber auch in die benachbarten Städte und überhaupt in die Aemter Wolkenstein, Grünhayn, Schwarzenberg, Wiesenburg und Lauterstein und in das Voigtland und insonderheit auch auf die Dörfer. Da man anfangs das Spitzenklöppeln für eine städtische Nahrung ansah, so mussten diejenigen, welche es auf dem Lande betrieben, schon vor dem Jahre 1609 gleich anderen Handwerkern auf den Dörfern Schutz- und Klöppelgeld entrichten. So wie sich nun das Spitzenklöppeln immer mehr ausbreitete, ebenso entstanden auch von Seiten der Spitzenherren Klagen über den Betrug ihrer Klöppelleute. Sie beklagten sich vorzüglich darüber, dass die Klöppelmägde von verschiedenen Spitzenherren
Zwirn und Geld zugleich aufnähmen und nachgehends die daraus und die dabei gefertigten Spitzen anderwärts verkaufen..."
1713 kommen neue Klagen der Klöppelherren, 1717 wird von den Spitzenverlegern in
Schneeberg über den Betrug der Klöppelleute Beschwerde geführt, welche sich in den folgenden Jahren wiederholen. 1818 wird die Königl. Klöppelschule zu Ehrenfriedersdorf errichtet. Nach Mrs. Palliser wurden in
Hamburg Spitzen erzeugt, die Hamburg-Point heissen und wahrscheinlich eine Sorte vom drawn work war, wie der „Dresden point". In Berlin siedeln sich infolge eines Ediktes des Grossen Kurfürsten (29. Oktober 1685) zugunsten flüchtiger Arbeiter französische Protestanten an, welche die Spitzenarbeit einführen. Nach Verlauf mehrerer Jahre besitzt Berlin allein an 450 Spitzenwerkstätten und man liefert Spitzen nach Polen und Russland. Als Berliner
Arbeit ist durch den preussischen
Adler gekennzeichnet die unter Abb. 305 dargestellte Klöppelspitze (Tafel XI, Abb. 16).
Auch in Hannover, Leipzig,
Ansbach und Elberfeld sollen Spitzenmanufakturen bestanden haben. In Halle wurde sog. "Hungarium" lace, Point de
Hongrie gemacht, eine Bezeichnung, die für
Stickerei um 1632 in Anwendung war. 1604 erscheint das Musterbuch für
Durchbrucharbeit bezw. Spitzen von Sibmacher in Nürnberg. Nach Süddeutschland setzt Mr. Palliser Klöppelarbeiten in der Art, wie sie unter Abb. 306 wiedergegeben ist.
Auch gröbere Klöppelarbeiten wurden in Süddeutschland und Tirol erzeugt. (Tafel XII, Abb. 4, 5.) Dass in Tondern (Schleswig) Spitzen angefertigt wurden, bestätigt der dänische König Christian IV. in seinen Aufzeichnungen über die Reisen in seinem (damaligen) Lande zwischen 1619-1625. Nach Dr. Dreger sollen im Jahre 1712 Brabanter Frauen zur Hebung der Spitzenerzeugung nach Tondern berufen sein; man stellte eine der niederländischen nahestehende Art her. Später wurden im ganzen Norden, besonders in Dänemark, auf Batist gestickte und ausgenähte Nachahmungen von Rokokospitzen sehr beliebt und erhielten sich bis in unser Jahrhundert. (Vgl. Abb. 43.)
Oesterreich ist besonders mit böhmischen Erzeugnissen seit dem Anfange des 19. Jahrh. an der Spitzenfabrikation beteiligt; in neuerer Zeit macht sich durch die in
Wien gegründeten staatlichen Spitzenschulen ein wohltuender Einfluss hinsichtlich des Geschmackes in Nadel- und Klöppelarbeiten bemerkbar, welcher davon ausgeht, die Mustergebung derselben in neue freiere Bahnen zu lenken. (Abb. 307 und Tafel VIII, Abb. 3.)
Im Orient ist die Spitzenerzeugung nie zu einer besonderen Entfaltung gekommen. Ziernähte und breitere Säume werden in flechtwerkartigen Spitzenstichen ausgeführt, eine besondere Ausbildung haben derartige Arbeiten in der schon erwähnten sogen. Smyrna- oder armenischen Spitze (Abb. 289) erfahren; Goldspitzen und Tressen von einiger künstlerischer Bedeutung werden auch in der Türkei gefertigt. (Abb. 308, 309.) Spitzenartige Durchbrucharbeiten werden in den Korandeckchen (s. d.) hergestellt.
Literatur:
Dietrich, Die Spitzenindustrie in Belgien und Frankreich zu Ende des 19. Jahrhunderts,
Leipzig 1900;
Dreger, Entwickelungsgeschichte der Spitze mit besonderer Rücksicht auf die Spitzensammlung des K. K. österr. Museums für Kunst und Industrie,
Wien 1901;
Abb. 288 Mexikanische Solspitze, 19. Jahrh. Original Königl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart.
Fischer, technologische Studien im sächs. Erzgebirge,
Leipzig 1878;
Tina Frauberger, Handbuch der Spitzenkunde (Seemanns Kunsthandbücher), Leii)zig 1894;
Gorbunoff, Ueber russische Spitzenindustrie,
Wien 1886;
Jamnig und Richter, Die Technik der geklöppelten Spitze,
Wien 1886;
IIg, Geschichte und Terminologie alter Spitzen,
Wien 1876;
Kraft, Studien über mechanische Bobbinet- und Spitzenherstellung, Berlin 1892;
Lipperheide, Das Spitzenklöppeln, Berlin, 1898;
Palliser, A history of lace, London 1902;
Rasmussen, Klöppelbuch, Anleitung zum Selbstunterricht, Kopenhagen 1884;
Schneider, Die Spitzenfabrikation im sächs. Erzgebirge,
Schneeberg 1860;
Seguin, La dentelle, Paris 1875;
Voshage, Das Spitzenklöppeln,
Leipzig 1894.
Abbildungen auf der Tafel X Nadelspitzen des 16. und 17. Jahrhunderts
1. Borte aus Leinwand, in
Durchbrucharbeit und
Stickerei aus weissem
Garn gemustert Geteilte Rautenfelder aus kleinen Quadraten und Spitzensternen dazwischen gestickte stilisierte Wappenlilienblüten. Italien Ende 16. Jahrh. Original im Kunstgewerbemuseum zu
Leipzig u. a. a. 0.
2. Darstellung aus Dr. M. Dreger, Entwickelungsgeschichte der Spitze u. s. w.,
Wien 1901, Bl. 22: Durchbruchspitze, Nadelarbeit in weissem Garn: geometrische Felder mit entsprechender Füllung aus Sternen und Rosetten. Italien (?) um 1600.
3. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze (sog. Solspitze) in weissem Leinen, filetartige Nadelarbeit, Muster In quadratischen Feldern abwechselnde rundliche Sternfüllungen.
Spanien 16.-17. Jahrh.
4. Originalaufnahme wie Abb. 1 Teil eines Mustertuches für
Durchbrucharbeit und Spitzennäherei: Borten in Doppeldurchbruch und sog. Reticeilamuster. Italien Ende 16. Jahrh.
5. Originalaufnahme aus dem Kgl. Kunstgewerbemuseum in Berlin: Borte, Nadelarbeit in weissem Leinen, auf den breiten genähten Flächen ist zwischen Durchbruch gestickt; die Begleitborte mit ausgeschnittenen Feldern.
Spanien Ende 16. Jahrh.
6. Darstellung wie Abb. 2: Teil der Randborte eines Leinentuches, Nadelarbeit (sog. punto in aria), Muster in quadratischer Teilung mit Sternen auf den Kreuzungspunkten, dazwischen gedrungene Volutenbänder. Italien Ende 16. Jahrh.
7. Originalaufnahme wie Abb. 5: Einsatzspitze, Nadelarbeit in weissem Leinen (sog. punto in aria), Muster auf geraden und schrägen Netzfäden aus glatten und aufgerollten kleinen Bändern mit Zacken; schmale Begleitränder. Italien um 1600.
8. Originalaufnahme wie Abb. l: Geschnittene Zackenspitze mit Nadelarbeit in weissem Leinen (sog. point coupe), Muster aus breiter Ranke mit stilisierten Blüten; Zacken aus aufgerollten Bändern.
Spanien oder Italien Ende 16. Jahrh.
9. Darstellung wie Abb. 2, Bl. 24: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen. Muster aus wellig gelegter Ranke mit wechselnden Blüten, deren einzelne die Zacken bilden.
Spanien 17. Jahrhundert
Abbildungen auf der Tafel XI: Nadel- und Klöppelspitzen des 18. Jahrh.
1. Originalaufnahme aus dem Kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Spitze, Nadel- und Klöppelarbeit in weissem Leinen auf regelmässigem Netzgrund: In symmetrischer Anordnung wachsen rechts und links zu den Seiten eines vasenartigen Gefässes Zweige und Blumen aus, deren innere Flächen Füllstiche in wechselnder Musterung enthalten. Französisch? um 1750.
2. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen, in breiten Flächen auf Netzgrund, mit verschiedenartigen Füllstichen innerhalb der Einzelformen des Musters aus Zweigen mit stilisierten Blüten, welche als Zackenbildungen frei auslaufen. Französisch 18. Jahrh.
3. Originalaufnahme aus dem Kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen: Muster in breiten Flächen aus Blattwerk und Blüten. Frankreich 18. Jahrh.
4. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen mit rundlich gelegten Ranken aus Blattwerk und Blüten auf wechselndem Grunde aus verschiedenartigen Füllstichen. Französisch, erste Hälfte 18, Jahrh.
Abb. 289 Teil eines Kragens, Nadelarbeit in farbiger Seide; sogen. Smyrna- oder armenische Spitze des 19. Jahrh. Original: Kunstgewerbemuseum in Leipzig.
5. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen mit einem Muster aus phantastischem Blatt- und Muschel werk mit verschieden gemusterten Flächen iu wechselnden Füllstichen auf genähtem Wabengrund. Französisch. Erste Hälfte 18. Jahrh.
6. Darstellung aus Dr. M. Dreger: Entwickelungsgeschichte der Spitze,
Wien 1901, Bl. 80, 81 a: Spitze Nadelarbeit in weissem Leinen auf regelmässigem Netzgrund: wellig verschlungenen Bändern entsteigen feine Ranken und Blütenzweige. Frankreich,
Stil Louis XVI.
7. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen auf regelmässigem Netzgrund, Muster aus Ranken mit phantastischen Blüten, welche füllhornartigen Bildungen entsteigen; innerhalb der Flächen Musterung aus wechselnden Füllstichen. Französisch. Erste Hälfte 18. Jahrh.
8. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen (Teil einer Barbe), Muster aus geschweiften Feldern, welche durch ein welliges Band gebildet werden, darin abwechselnde Blumenzweige.
9. Darstellung wie Abb. 3 Bl. 79 b: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag auf Netzgrund (Teil einer Barbe): In Feldern aus welligem Bande mit Rosetten und Blattwerk wechseln Blütenzweige ab. Valenciennes um 1750.
10. Darstellung wie Abb. 6 Bl. 77: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag: Teil einer Barbe, Klöppelarbeit in weissem Leinen: Dem aus Ranken und Feldern bestehenden Rande entsteigen Blütenzweige. Niederländisch, gegen Mitte des 18. Jahrh.
11. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen (Teil einer Barbe), Muster im Leinenschlag mit Faden um den Kontur: Zwischen Rändern aus bogigen gemusterten Zackenfeldern, Blatt- und Blütenwerk wechseln übereinander ab: Amor mit Schwänen, Blumenvase und Füllhorn mit Vogel. Brüssel oder Malines 18. Jahrh.
12. Originalaufnahme aus dem Kunstgewerbemuseum in Leipzig: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag auf Netzgrund: Symmetrisches Muster aus volutenartig geschwungenen Ranken, welche einer kelchartigen Blütenpalmette entsteigen Niederländisch 18. Jahrh.
13. Originalaufnahme wie Abb. 12: Spitze (sog. Pottenkant), Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag auf Netzgrund: Symmetrisches Muster aus Blumenranken, welche einem vasenartigen Gefäss entsteigen. Niederländisch 18. Jahrh.
14. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag auf verschieden gemustertem Netzgrunde, Muster aus wellig gelegten Blättern, welche von einem Bande durchschlungen werden. Valenciennes 18. Jahrh.
15. Original aufnähme wie Abb. 1: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag mit Faden um den Kontur auf wechselndem Netzgrund: Muster aus wellig geschwungenen und gezackten Blattfeidern dazwischen kleine Blütenzweige. Malines 18. Jahrh.
16. Originalaufnahme wie Abb. 1: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen im Leinenschlag mit Faden um den Kontur auf regelmässigem Netzgrund, Muster: Unter einem bogigen Rande aus Blatt- und Blütenwerk sind Amoretten mit Pfeil und Bogen zwischen fliegenden Vögeln dargestellt.
Deutschland 18. Jahrh.
17. Darstellung wie Abb. 3. Bl. 77: Grewundene Blätter und Blüten mit verschieden gefülltem Grrunde. Niederländisch, gegen Mitte des 18. Jahrh.
Abbildungen auf der Tafel XII: Nadel- und Klöppelspitzen des 18. und 19. Jahrh.
1. Originalaufnahme aus dem kgl. Kunstgewerbemuseum in Berlin Spitze aus gewebter Litze auf einem Grunde aus Nadelarbeit, Muster aus wellig gelegter Ranke mit Blütenansätzen an den volutenartig geschwungenen Endigungen. Italien 17. Jahrh.
2. Originalaufnahme aus dem Kunstgewerbemuseum in
Leipzig Spitze aus gewebter Litze auf geklöppeltem Grunde, Muster aus wellig gelegter Ranke mit stilisierten Blütenformen, deren innere Flächen in Nadelarbeit durch wechselnde Füllstiche belebt sind. Italien 17. Jahrh.
3. Darstellung aus Dr. M. Dreger, Blatt 60: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen auf regelmässigem Netzgrund: zu Voluten aufgerollte Ranken und Tiere. Oberitalienisch oder niederländisch 17.-18. Jahrh.
4. Originalaufnahme wie Abb, 2: Geklöppelter Spitzenbesatz an gewebter Leinenborte. Süddeutschland 17. Jahrh.
5. Originalaufnahme wie Abb. 2: Geklöppelte Spitze in weissen groben Leinenfäden. Süddeutschland 17. Jahrh.
6. Darstellung wie Abb. 2: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen rundliche Zacken mit Rosettenfeldern, die durch Bogenlinien verbunden sind; offener
Grund aus dem sogen.
Gerstenkornmuster Cluny 19. Jahrh.
7. Darstellung wie Abb. 2: Spitze, Nadelarbeit in weissem Leinen: fächerförmige Zacken an Bogenlinien; darüber Blütenwerk. Brüssel, modern.
8. Darstellung wie Abb. 2: Spitze, Klöppelarbeit in weissem Leinen: Muster aus Blattwerk und Trauben. Brügge (?) modern.
9. Darstellung wie Abb. 2: Spitze, Nadel- und Klöppelarbeit: Zacken aus rundlichen Bändern mit Kelchblüten und Rosetten. Brüssel, modern.
(Anmerkung: Die auf den Tafeln X-XII abgebildeten Spitzen aus der Sammlung des Kunstgewerbemuseums in
Leipzig sind entnommen den "Ornamentalen und kunstgewerblichen Sammelmappen" Serie IV und V,
Leipzig 1893.)