Lexikon

Handwörterbuch der Textilkunde aller Zeiten und Völker für Studierende, Fabrikanten, Kaufleute, Sammler und Zeichner der Gewebe, Stickereien, Spitzen, Teppiche und dergl., sowie für Schule und Haus, bearbeitet von Max Heiden, Stuttgart 1904

Gesamtindex
Eintrag: Schweiz
Schweiz, die Anfänge der Textilindustrie - Woll- und Leinenindustrie - lassen sich bis ins 13. Jahrh. zurückverfolgen; auch die Züricher Seidenmanufaktur ist so alt. Im 16. Jahrh. begann die Seidenindustrie allgemeiner zu werden, ebenso die Sammet-, Seidenweberei und Passementerie im 17. Jahrh. folgte die Musselinmanufaktur, Stoffdruckerei, Bleicherei, Strumpfweberei und Spitzenklöppelei. Das 18. Jahrh. brachte die Baumwollspinnerei und Stickerei Die Spitzenklöppelei ist inzwischen fast ganz eingegangen, wesentlich zurückgegangen ist die Leinenmanufaktur, vorübergehend auch die Wollfabrikation.

In 1099 Betrieben für Baumwolle waren 1901: 49 023 Arbeiter beschäftigt; für Seide 235 Betriebe mit 33 506 Arbeitern; für Wolle 65 Betriebe mit 4166 Arbeitern; für Leinen 13 Betriebe mit 956 Arbeitern; für andere Textilwaren 322 Betriebe mit 9542 Arbeitern. Die Stickereiindustrie beschäftigt in 130 Fabriken etwa 16000 Stickmaschinen, 2600 Schifflimaschinen mit 6000 Arbeitern. Ausserdem arbeitet der österr. Vorarlberg lediglich für den Platz St. Gallen.

Die Pohseidenerzeugung und Seidenspinnerei ist in Tessin bedeutend, während Seidenstoffe besonders in Zürich, Bern, Basel, Schaffhausen, Aargau, Glarus, Thurgau, Graubünden und für Zürichs Rechnung in Zug, Schwyz und Unterwalden erzeugt werden; Seidenbänder besonders in Basel, dann im bernischen Jura und in Solothurn. Ungenügend für den Bedarf ist die Wollwarenindustrie, welche in Zürich, Bern, Glarus, Schaffhausen und Solothurn durch Fabriken vertreten ist; sehr bedeutend aber die Industrie in Baumwolle, in der die Schweiz unter den Staaten Europas den vierten Rang einnimmt. Die erste Stelle behauptet Zürich, dann Aargau, Glarus und St. Gallen. Nur vier Kantone betreiben diese Spinnerei nicht. Der Export geht nach Deutschland, Oesterreich, Frankreich und Italien. Die Baumwollweberei, in allen Kantonen betrieben, ist am bedeutendsten in Zürich, Aargau, Glarus, St. Gallen, Appenzell, Zug und Thurgau; Fabrikate sind glatte und fassonierte Gewebe, Buntweberei und Pikeeweberei für Tischdecken, Bettüberwürfe u. dgl., billige Rock- und Hosenstoffe für die Levante, Indien und Afrika; berühmte Musseline kommen aus Appenzell (Herisau), St. Gallen und Zürich für Amerika und England. Nachahmungen von indischen Geweben mit Seide und Metallfäden werden in St. Gallen (Toggenburg und Nieder-Uzwyl) für Nord- und Südamerika, Afrika, Türkei und Asien gefertigt; Leinenweberei treibt man im Emmenthal in Bern (Burgdorf und Langenthai), genügt jedoch dem Bedarf keineswegs. In der Färberei wird Grosses geleistet, die schweizer roten Garne, Adrianopeler und krapp violetten Tücher werden nirgends in Güte und Farbe übertroffen, und die bedruckten Foulards sind weit berühmt. Hauptsitze für Stoffdruckerei sind Glarus, Zürich, Aargau, Appenzell, Bern und Neuenburg. Die Spitzenklöppelei wird nur in Waadt und Neuenburg in grösserer Ausdehnung betrieben.