Urs Graf der Ältere

Objektnummer: 4092
Nagler: 5-1175
Verwendung: 16. Jhdt.
Wo angebracht: in der Platte
Farbe: schwarz
Typ: Monogramme

Objektnummer: 3663
Nagler: 5-1175
Verwendung: 15. Jhdt.
Typ: Monogramme
geboren: um 1485
gestorben: 1528

Urs Graf der Ältere (* um 1485 in Solothurn; † vor dem 13. Oktober 1528) war Glasmaler, Kupferstecher, Zeichner für den Holzschnitt und Goldschmied.

Neben seiner Tätigkeit als Handwerker in Basel und Solothurn führte Graf als Reisläufer ein abenteuerliches, wildes Leben. Das künstlerische Schaffen Grafs besitzt im Rahmen der Renaissance-Kunst in der Schweiz hohe Qualität. Von seinen Glasgemälden hat sich fast nichts erhalten. Bei den erhaltenen Handzeichnungen, Kupferstichen und Zeichnungen für den Holzschnitt handelt es sich meist um Sittenbilder, Darstellungen aus dem Lagerleben der Söldner und Genrefiguren in derber, sinnlicher Auffassung. Bemerkenswert sind seine dynamische Strichführung und eine gewisse ironische Distanz in seinen Grafiken, die in der Lebendigkeit und Frische der Darstellung an Hans Holbein den Jüngeren erinnern. Bis zum Jahr 2011 konnten etwa 160 Blätter seinem zeichnerischen Werk zugeordnet werden.

Text Nagler Band 5 Nr. 1175:

Urs Graf, Zeichner, Formschneider, Goldschmied und Medailleur, ist bereits Band III. Nr. 411 unter seinem Monogramme eingeführt. Seit jener Artikel geschrieben, haben die Forschungen, namentlich die des Dr. His in Basel, Licht in die Lebensverhältnisse wie in das Schaffen des Künstlers gebracht. S. die Jahrbücher f. Kunstwissenschaft, Band V. p. 257 ff. und Band VII. S 145 ff., ebenso Naumann's Archiv f. d. zeichn. Künste, Band XI. p. 81 ff. Demnach ist Graf zwischen 1485 und 1490 in Solothum geboren. Die erste Jahrzahl, welohe auf seinen Arbeiten vorkommt, Ist 1503. Im Jahre 1507 stand er in Zürich bei einem Goldschmied, Leonhard Tüblin, in Arbeit. Von 1509 an datirt eine Anzahl seiner Arbeiten in Basler Druckwerken und es wird daher angenommen, dass er um diese Zeit sich in Basel niedergelassen habe. 1511 verehelichte er sich und erwarb das Bürgerrecht daselbst. Das Landsknechtetreiben seiner Zeit, welches Graf so lebendig darzustellen versteht, scheint er nach eigenen Erfahrungen und Anschauungen zu schildern. Sein Name findet sich auf der Liste der Basler, welche 1515 mit dem schweizerischen Heere in der Lombardei gegen Franz I. von Frankreich zu Felde zogen, ebenso ist ein urkundlicher Beleg vorhanden, dass er 1522 mit Gefängniss bestraft wurde, weil er nebst anderen Gesellen „über meiner Herren Vorbott" in den Krieg gezogen war. Grafs Sitten waren nicht die besten und nicht selten findet man in den Gerichtsprotocollon jener Zeit seinen Namen in unsaubere Streiche und Händel verwickelt. Keine Jahrzahl auf seinen Zeichnungen überschreitet das Jahr 1529, an welchen Umstand man die Vermuthung knüpft, dass er um diese Zeit gestorben sei.
Ausser den bereits an früherer Stelle mitgeteilten, zum Monogramme verschlungenen Buchstaben V G, bediente sich Graf noch der obigen getrennten Initialen als Zeichen. Letztere stehen auf Hand-Zeichnungen, Kupferstichen, wie auf den Holzschnitten einer Passionsfolge. Bei der ungleichen, theilweise noch sehr ungeschickten Ausführung dieser Holzschnitte hat man schon im vorigen Jahrhundert die Frage aufgeworfen, ob hinter den darauf befindlichen Initialen nicht ein anderer Künstler als Urs Graf zu suchen sei. Christ, nach ihm Pavillon, Fuesslin, d'Annone erklären die Schnitte für Arbeiten eines Urs Gamperlin oder Gemberlin oder van Goar, Brulliot II. 2658 nennt, auf Hazard's Autorität hin, den Vincent Geldersmann von Mecheln, der Winkler'sche Katalog legt sie dem V. Glockenton zu und noch Passavant, P. Gr. II, 139 und III. 424 sucht unter den getrennten Initialen einen älteren Künstler. Dennoch gehören auch diese Blätter dem Urs Graf
an, wie von Dr. His ausführlich nachgewiesen worden ist.
Das Buch, welches die 25 Holzschnitte dieser Passion enthält, fuhrt den Titel: Der Text des passions oder lydens Christi auss den vier evangelisten zusammen yn eyn synn bracht mitt schönen Figuren. Strassburg. Knobloch 1506.
1. Die Juden wollen Jesum steinigen, weil er sich für den Messias ausgiebt. Bezeichnet mit V. G.
2. Die Erweckung des Lazarus. Mit undeutlicher Bezeichnung.
3. Die Hohenpriester und Pharisäer rathschlagen, wie sie Jesum tödten wollen. Mit V. G.
4. Maria Magdalena salbt dem Heilande im Hause Simons die Füsse. Ohne Zeichen.
5. Christi Einzug in Jerusalem. Mit V. G.
6. Die Verfluchung des Feigenbaums. Mit V. G.
7. Christus, von den Juden im Tempel über seine Person zur Rede gestellt. Mit V. G.
8. Judas unterhandelt mit den Hohenpriestern und Aeltesten. Mit V. G.
9. Das Abendmahl und die Fusswaschung. Ohne Zeichen.
10. Christus am Oelberge betend und seine Gefangennehmung. Mit V. G.
11. Christus vor dem Hohenpriester Hannas, und die Verläugnung des Petrus. Mit V. G.
12. Christus vor Caiphas. Mit V. G.
13. Der reuige Judas will den Hohenpriestern das Geld zurückgeben, Mit V. G.
14. Christus vor Pilatus. Mit V. G.
15. Christus vor Herodes, Mit V. G.
16. Pilatus fragt die Juden, ob er ihnen Christus oder Barnabas freigeben solle. Im Hintergründe die Geisselung und die Dornenkrönung. Mit V. G.
17. Eceo homo. Mit V. G.
18. Pilati Handwaschung. Mit V. G.
19. Christi Kreuztragung. Mit V. G.
20. Christus am Kreuze, zwischen den Schachern. Mit V. G.
21. Christus wird mit einem Essigschwamm getränkt. Mit V. G.
22. Der Tod Christi wird durch einen Lanzenstich in seine Brust bestätigt. Den Schachern werden die Beine zerschlagen. Mit V. G.
23. Die Abnahme vom Kreuz. Mit V. G.
24. Die heil. Frauen am Grabe Mit V. G.
Die darauf folgende Auferstehung ist der Passoion von J. Wächtlin entnommen.
25. Schlussblatt. Christus als Schmerzensmann, von den Marterwerkzeugen umgeben. Mit V. G.
Die Höhe der Holzschnitte ist 0,215 bis 0,222. Die Breite circa 0,156, Eine zweite deutsche Ausgabe des Buches erschien nach Heller 1507, ebenso ist von 1509 eine Ausgabe vorhanden. Die ersten lateinischen Ausgaben erschienen 1507 und 1508. Auch ein Pariser Nachdruck soll vorhanden sein. Einzelne Holzschnitte der Folge wurden auch anderen Werken beigegeben. So sind sechs Blätter zu einem „Leben Jesu Christi, gezogen aus den vier Evangelisten", benutzt worden, welches 1508 ebenfalls bei Knobloch in Strassburg erschien, Ferner kommt in Geiler von Kaiserspergs „Pater noster", Strassburg, Matthias Hupfuff 1515, das Blatt Nr. 11 vor. Ebenso findet sich die Darstellung mit dem Verrath des Judas, Nr. 8, in Geilers „Passion in Form eines Gerichtshandels u. s. w.", Strassburg, Johann Grüninger 1509.
Noch stehen die oben mitgetheilten Initialen auf folgenden Kupferstichen:
Die Taufe Christi. Oben erscheint Gott Vater in der Glorie, deren Strahlen auf den Heiland herabreichen. Johannes kniet rechts an Ufer des Jordans, gegenüber steht ein Engel Gegenseitige Copie nach Schongauer. In der Mitte unten die Initialen. H. 0,210, Br. 0,141.
Christus am Kreuze. Links stehen Johannes, Maria und eine andere der heiligen Frauen; rechts Joseph von Aritmathia, der fromme Hauptmann und ein Krieger mit Schild und Speer. In der Mitte unten das Zeichen, H. 0,149, Br. 0,097.
Eine der thörichten Jungfrauen, Brustbild en face. Copie nach Schongauer. Mit den Initialen. H, 0,152, Br. 0,097. Nach Nagler soll es davon neuere Abdrücke geben.
Christophorus, mit dem Christuskinde auf den Schultern, nach links durch das Wasser schreitend. In diesem erblickt man ein Meerweibchen, einen Schwan und zwei Fische. Der Eremit links am Ufer. Mit den Initialen. H. 0,114, Br. 0,092.
Zur Ergänzung respective Richtigstellung des an früherer Stelle über den Meister, seine Blätter und Zeichen Gesagten sei auf das beschreibende Verzeichniss seines Werkes hingewiesen, welches Dr. His in den Jahrb. f. Kunstwissenschaft Band VI. giebt. Das Verzeichnis dürfte noch nicht als abgeschlossen zu betrachten sein. B. Wessely trägt demselben einen Holzschnitt nach. Letzterer ist in einem Missale enthalten, welches der Bischof Hioronymus Scultetus von Brandenburg
1516 in Leipzig drucken liess und das 1618 zu Basel in einer zweiten verbesserten Auflage erschien. Das Blatt misst in der Umrisslinie 0,275 bei 0,180 Breite und stellt das Wappen des genannten Bischofs mit den beiden Stiftspatronon Petrus und Paulus als Schildhaltern dar. S. Kunst-Chronik, 1877, p. 24.


Literatur

Thieme, Ulrich / Becker, Felix / Vollmer, Hans (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart (37 Bände in 19 Teilbänden); Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts (6 Bände).

Nagler, Georg Kaspar ; Andresen, Andreas ; Clauss, Carl: Die Monogrammisten : und diejenigen bekannten und unbekannten Künstler aller Schulen, welche sich zur Bezeichnung ihrer Werke eines figürlichen Zeichens, der Initialen des Namens, der Abbreviatur desselben etc. bedient haben ; mit Berücksichtigung von Buchdruckerzeichen, der Stempel der alten Gold- und Silberschmiede ... , 5 Bände, 1858-1879


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