Hieronymus Bosch

Objektnummer: 2766
Nagler: 1-23
Verwendung: 16. Jhdt.
Wo angebracht: recto
Typ: Monogramme
geboren: um 1450
gestorben: 1516

Hieronymus Bosch (eigentlich Jheronimus van Aken) * um 1450 in ’s-Hertogenbosch; † August 1516 ebenda war ein niederländischer Maler der Renaissance. Er hat ein bis heute faszinierendes und nachwirkendes Gesamtwerk hinterlassen, das sich in der Interpretation jeder einfachen Deutung entzieht. Es gibt einige plausible Deutungen seiner Bilder; viele Darstellungen sind jedoch rätselhaft geblieben. Bosch selbst hat keine schriftlichen Aufzeichnungen zu seinen Werken hinterlassen.

Text Nagler Band 1 Nr. 23:

Jeronymus Agnen, genannt Bosche der Lustige, und noch bekannter unter dem Namen Hieronymus Bos oder Bosch, wurde um 1450 zu Herzogenbusch geboren, und starb daselbst 1518. Der Familienname dieses merkwürdigen Künstlers ist erst seit wenigen Jahren bekannt. Er geht mit dem Todesjahre aus dem um 1840 aufgefundenen Register der „Illustre lieve Brocdershap te s' Hertogenbosch" hervor. Unter den 1518 verstorbenen Mitgliedern der Bruderschaft stellt nämlich auch „Hieronymus Agnen, alias Bosch, insignis pictor." Diese Notiz ging in Innnerzeel's Werk „De levens en werken des hollandscho — Kunstschilders etc.. I p. 78" über, und auch im neuen Catalogue du Musee d' Anvers 1851 ist sie aufgenommen. C. van Mander lässt den Künstler 1530 sterben, und andere Schriftsteller setzen die Blüthezeit desselben zwischen 1450 und 1500. Der Artikel im Künstler-Lexicon möge nach den gegebenen neueren Nachrichten geordnet werden.
Jeronymus Agnen von Hertogenbosch verfuhr seinen noch streng kirchlich gesinnten Mitbewerbern gegenüber mit einer eigentümlichen Ironie. indem er nicht nur die Auffassung des gewöhnlichen Alltagslebens zur Carricatur steigerte, sondern selbst Biblisches und Mythologisches,und besonders die Legende durch phantastische Entstellung ins Niedrige zog. Margaretha von Oesterreich erwarb mehrere Bilder von der Hand des drolligen Bosche, und aus ihrer Sammlung mag vielleicht ein Theil der Gemälde im Belvedere zu Wien stammen, darunter zwei Darstellungen der Versuchung des hl. Antonius mit wunderlichem Teufelsspuck. Auch König Philipp II. von Spanien hatte an den phantastischen Bildern des Bosche solchen Gefallen, dass er die Niederlande davon fast ganz entblösste, und sich rühmen konnte, wenigstens siebzehn derselben zu besitzen. Doch ging ein grosser Theil der Bilder beim Brande der Residenz in Madrid zu Grunde, im Museum daselbst sind aber noch immer acht Gemälde von J. Agnen. Darunter gehören drei Bilder der Versuchung des hl. Anton mit Spuck- und Teufelsgestalten zu den Hauptwerken des Meisters. Sein Gehirn war aber immer voll von solchen wunderlichen Bildern. Selbst auf einer Anbetung der Könige im real Museo fehlen sie nicht. In seinem ganzen Elemente ist er aber in einer daselbst befindlichen Darstellung des Engelsturzes, in welchen er auch die Erschaffung und den Sündenfall der ersten Menschen zieht. Eine ähnliche Vorstellung ist im Museum zu Berlin. Die Allegorie auf den Triumph des Todes im spanischen Museum überbietet aber diese Bilder in noch höherem Grade. Dor Tod reitet durch die Masse der Menschen jeden Standes, Alters und Geschlechtes und wirft Alles vor sich nieder, während auf dem von sieben halb in Thiere verwandelten Menschen gezogenen Heuwagen die Eitelkeit, der Ruhm und ein Teufel mit der Posaune sitzen. Unerreicht bleibt auch eine andere Allegorie des real Museo. Ein Engel zeigt einem Jünglinge die schaudervollen Qualen, welche das Laster in verschiedener Gestalt jenseits zu erwarten hat. Dieses Gemälde ist so voll der wunderlichsten Einfälle und von Teufelsspuck, dass die Erinnerung daran wie ein böser Traum nachzuwirken vermag. Erquicklicher ist eine Darstellung des Paradieses im Museum zu Madrid, in welchem der ewige Vater die ersten Menschen über die Erde und alle Thiere setzt, doch mit der Andeutung, dass der Ungehorsam dem Teufel Macht verleiht. Ohne Spuckgestalten sind drei ovale Bilder im Museum zu Valencia, welche die Gefangennehmung, Dornenkrönung und Geisslung Christi vorstellen. Die Gemälde dieser Art sind jedenfalls sehr selten, und es dürften sich ausser den genannten nur noch wenige andere finden. Ueber die spanischen Bilder handelt Passavant im deutschen Kunstblatt IV, S. 221 und 223.
Man findet auch eine bedeutende Anzahl von Kupferstichen und Holzschnitten, welche Compositionen des abenteuerlichen Meisters von Herzogonbusch enthalten. Am seltensten, ja jetzt fast unauffindbar sind jene alten Stiche mit dem Monogramm Nr. 24, welche seit Bartsch dem Goldschmied Alaert du Hameel zugeschrieben werden. Andere Zeichnungen wurden erst nach mehreren Decennien gestochen, und theils dem Agnen mit Unrecht zugeschrieben, wenn sie nicht vielmehr mit Veränderungen und Zusätzen in die Welt ausgingen. Um 1560-1580 fanden in den Niederlanden die Bilder des Hieronymus Bosche wieder zahlreiche Verehrer, und da die Gemälde fast alle verschwunden waren, so suchte man nach den alten Zeichnungen, und entwarf neue im Sinne des alten Spuckmeisters von Herzogenbusch. Das Wohlgefallen an den Kompositionen a la Bosche verbreitete sich sogar nach Italien, indem Lomazzo (Trattato VI, 315) derlei phantastische Ergiessungen für einzig und wirklich göttlich erklärt. Peter Breughel war ebenfalls verwandten Geistes; in gewisser Hinsicht der zweite divino Bosco, und sein Sohn, der sogenannte Höllenbreughel, ist der dritte im Bunde. Doch sind die Phantastereien eines Breughel und David Teniers gegen die Teufelsrevier eines J. Agnen nur Kinderspiel. Die Kupferstiche nach Zeichnungen dieses Meisters sind ziemlich zahlreich, die meisten aber gehören zu den Seltenheiten. Mehrere erschienen im Verlage des Hieronymus Cock, theils mit dessen Namen, theils mit der Adresse: Aux quatre vents. Auch Peter Firens und C. Galle hatten Stiche dieser Art im Verlage. Ausser P. Miricenys nennt sich nur selten ein Stecher. Wir unterlassen es, ein Verzeichniss von solchen Kupferstichen zu geben, und begnügen uns mit den folgenden Blättern, welche in die Zeit des Meisters hinaufreichen, und theils von ihm selbst herrühren. Die früheren Schriftsteller nahmen keinen Anstand, den Hieronymus Bos auch unter die Formschneider und Kupferstecher zu zählen ; Zani widerspricht aber dieser Ansicht unbedingt, und andere folgten ihm nach.
Wir müssen aber wenigstens auf jene Blätter eingehen, welche mit grosser Wahrscheinlichkeit dem Jeronymus Agnen zugeschrieben werden könnten. Dann handelt es sich auch um das Monogramm auf denselben.

Holzschnitte.

1) Die Versuchung des hl. Anton. Er kniet im Vorgrunde einer reichen Landschaft mit Ruinen vor dem Crucifixe gegen links gewendet. Der Satan als Krüppel führt ihm ein junges Weib zu, und rechts sieht man eine vermummte Frau mit verschiedenen Teufelsgestalten. Oben links in der Luft wird der Heilige von Teufeln geplagt, denen er aber zu entfliehen sucht. Im Mittel- und im Hintergründe sind andere Scenen aus dem Leben des hl. Antonius mit Spuckgestalten dargestellt. Weiter hin ist eine Burgruine mit einem vermauerten Fenster, in welchem eine Jahrzahl steht, anscheinlich 1522. H. 9 Z. 8 1/2 L. Br. 14 Z. 2 L.
Dieses geistreich behandelte Blatt wird von Einigen dem Hieronymus Bosch selbst zugeschrieben, wahrscheinlich auf das Ansehen des Carl van Mander hin, welcher einen Holzschnitt mit der Versuchung des hl. Anton von 1522 ausdrücklich als „Houtsnecprent" des Jeronymus nennt. Die Auffassung stimmt auch vollkommen für ihn, und auch der Schnitt ist so eigenthümlich, dass man ihn keinem der gleichzeitigen Meister zuschreiben kann. Die Jahrzahl 1522 kann indessen die Hypothese von der Eigenhändigkeit des Blattes zerstören, wenn man nicht annimmt, dass die Blatte erst nach dem Tode des Meisters abgedruckt wurde. Es steht aber auch noch in Frage, ob 1522 als erstes Datum des Blattes zu nehmen ist, oder ob es sich überhaupt um eine Jahrzahl handelt, da die Ziffern nicht deutlich sind. Weigel (Kunstkatalog Nr. 20479) werthet ein Exemplar auf 30 Thlr.

2) St. Johannes auf Pathmos. Er sitzt links im Vorgrunde bei einer Baumgruppe, und blickt zur Madonna empor, welche ihm oben rechts in Wolken erscheint. Neben dem Evangelisten ist der Teufel im Begriffe, das Schreibzeug zu rauben. II. 9 Z. 10 L. B. 13 Z. 11 L.

3) St. Anton in der Wüste, wie er zu den um ihn versammelten Thieren spricht. Unten links ist ein undeutliches Monogramm, welches einem gothischen A mit einem Schnörkel ähneln soll. Der Schnitt erinnert in Etwas an die Blätter des Jost Amman, er rührt aber von einem älteren Meister her, wenn nicht von H. Bos selbst.

Kupferstiche.

4) St. Christoph trägt das Jesuskind durch das Wasser, während ihn allerlei Teufels- und Truggestalten umgeben. Auf einer Bandrolle steht: Cristofore St virtutes. sub tibi tate. qui te. de mane videt. nocturna tempore ridet bosche. Oben über dem Bande in der Mitte des Blattes steht das erste Zeichen, und das zweite A auf dem Schwerte eines Dämon. II. 7 Z. 4 L. (?) Br. 12 Z. 4 L.
Dieses höchst seltene Blatt ist sicher von Jeronymus Agnen, da es ausser dem Monogramme auch noch dessen Zunamen trägt. Wir entnahmen die Beschreibung und die Copic des Zeichens dem von Frenzel verfertigten Catalog der Sternberg'schen Sammlung III. Nr. 19, und wollen glauben, dass die Form so ziemlich festgehalten sei. Hinsichtlich der technischen Behandlung bemerkt Frenzel, dass das Blatt in einigen Dingen, z. B. in den Fleischpartien, an Israel van Meckenen erinnere, doch sei alles mit breitem, freierem Grabstichel überarbeitet. Bei der Auktion erreichte dieser Stich einen Preis von 99 Thlr.

5) Christus zwischen Maria und Johannes. Er steht vor einem Baldachine, dessen Vorhänge rechts ein Engel mit dem Schwerte, links ein solcher mit der Lilie zurückhalten. Der Heiland trägt einen Mantel, welcher den linken Arm frei lässt, womit er auf die Seitenwunde deutet. Das mit Dornen gekrönte Haupt umgibt in Kreuzform ein strahlender Nimbus. Zu seinen Füssen liegt die Weltkugel. Maria steht links mit gefalteten Händen, und rechts nähert sich Johannes.
Dieses höchst merkwürdige und seltene Blatt ist ziemlich in der Weise des obigen behandelt, hat aber kein Zeichen. Duchesne legt es in der Voyage d'un Iconophile dem J. Bos zu. Oben abgerundet fol. H. 390 m. Br. 264 m.

6) Die Versuchung des hl. Anton. Der Heilige steht in der Mitte von Teufeln umgehen. Links oben hei seinem Kopie stösst eine Spuckgestalt mit dem Stocke in dessen Buch, und gegenüber erhebt ein Teufel die Keule. Links unten fachet ein solcher mit dem Blasebalg Feuer an, und rechts nach unten stemmt sich ein Teufel mit den Krallen in das Untergewand St. Antons. Unter diesem Phantom ist das Schwein. Ohne Zeichen.
Dieses Blatt ist in der Weise des hl. Christoph, oder noch mehr in jener des Apostels Petrus behandelt, welchen wir im Artikel des Alaert du Hameel den von Bartsch erwähnten Blättern beigefügt haben. Heinecke S. 335 Nr. 216 schreibt dieses Blatt einem anonymen Meister zu. Das Exemplar, welches uns zur Einsicht vorlag, war beschnitten.
H. 4 Z. 4 L. Br. 3 Z. 5 L.


Literatur

Thieme, Ulrich / Becker, Felix / Vollmer, Hans (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart (37 Bände in 19 Teilbänden); Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts (6 Bände).

Nagler, Georg Kaspar ; Andresen, Andreas ; Clauss, Carl: Die Monogrammisten : und diejenigen bekannten und unbekannten Künstler aller Schulen, welche sich zur Bezeichnung ihrer Werke eines figürlichen Zeichens, der Initialen des Namens, der Abbreviatur desselben etc. bedient haben ; mit Berücksichtigung von Buchdruckerzeichen, der Stempel der alten Gold- und Silberschmiede ... , 5 Bände, 1858-1879


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