Nagler 1-2 Unbekanntes Monogramm
Objektnummer: 2663
Nagler: 1-2
Wo angebracht: recto
Typ: Stechermarken
Text Nagler Band 1 Nr. 2:
Unbekannt. Hier haben wir es mit einem jener alten deutschen Goldschmiede zu thun, welche mit mehr oder weniger Geschick auch die Kupforstcehcrkunst geübt hatten. Sein Name kam in Vergessenheitj und selbst das Monogramm wurde erst 1832 durch Brulliot's Dictionnaire des monogrammes 1 Nr. 10 in weiterem Kreise bekannt. Man findet es auf einem Kuferstiche mit der heil. Familie. In Mitte des Blattes sitzt Maria mit dem Kinde auf einer Rasenbank, während Joseph links zur Seite auf dem Boden sitzend schläft, und den Kopf an die Bank lehnt. Oben in der Mitte erscheint Gott Vater und der heil. Geist in der Glorie, und hinter der Madonna zeigt sich die halbe Figur eines Mönches mit getalteten Händen. Zu den Füssen der heil. Jungfrau liegt ein grosses Buch und links bemerkt man eine Heuschrecke, nach welcher Marolles den Meister A „la metre a la sauterelle" nennt. Rechts steht das gegebene Zeichen. II. 8 Z. 9 L. Br. 6 Z. 9 L.
Diese Darstellung ist auch in Wiederholung vorhanden, aber immer mit Hinweglassung des Mönches und des grossen Buches zu den Füssen der heil. Jungfrau. Ein Blatt, und wohl nicht das älteste, ist ohne Monogramm und von der Gegenseite des erwähnten, da Joseph rechts schläft. Die Heuschrecke ist aber links unten, wie im Blatte des Meisters A. Dieses unbezeichnete Blatt erklärt man nun vorzugsweise als jenes des Meisters mit der Heuschrecke, welche aber nicht als Kunstlerzeichen zu nehmen ist. Dieselbe Darstellung, aber ohne Mönch, hat auch Isreal von von Meckenen, und nach ein paar Decennien sogar Marc Anton copirt. Noch wichtiger ist aber ein Blatt, welches Bartsch im Verzeichniss der Kupderstiche Albrecht Dürer Nr. 44 mit Unrecht die heil. Jungfrau mit dem Schmetterlinge nennt, da das Insekt eine Heuschrecke ist. Bartsch erklärt diesen Stich für eine Arbeit aus Dürer's erster Zeit, und denkt an keine Copie eines älteren Vorbildes. Andere schreiben dieses unserm Meister A zu, so dass also Dürer nur den Mönch und das Buch weggelassen hätte. Wieder andere, aber die Minorität, sprechen die Madonna mit der Heuschrecke dem A. Dürer ganz ab, und denken an einen französisischen Meister der späteren Zeit, da auch das Monogramm die gewöhnliche Form des Dürer'schen Zeichens nicht hat. Allein wer kennt die Leistungen dieses Meisters aus dem 16. Jahrhunderte so genau, dass ein sicheres Urtheil gefällt worden kann ? Wir glauben, dass Düroer's Stich das Vorbild zu der Copie ohne Zeichen, sowie zu jener des Israel van Meckenen sei.
Der Nachstich des letzteren beweiset jedenfalls, dass die Arbeit in das fünfzehnte Jahrhundert falle, da Israel zu Anfang des sechzehnten starb.
A. Dürer hat aber das Watt des Meisters A. höchst wahrscheinlich vorgefunden, und selbes mit Weglassung des Mönches im Stiche copirt. Vielleicht ist dieser A. Albrecht Dürer der Vater, welcher nach dem Geständnisse des Sohnes ein „künstlicher reiner Mann" war. A. Dürer sen. arbeitete längere Zeit, in den Niederlanden, zog 1455 gen Nürnberg und gründete 1407 mit Barbara Haller, der Tochter des berühmten Goldschmiedes Hieronymus einen eigenen Heerd. Der alte A. Dürer blieb von dem Einflüsse der niederdeutschen Kunstrichtung sicher nicht frei, und auch die heil. Familie mit, dem betenden Mönche trägt das Gepräge derselben. Die Bestellung der Platte ging wahrscheinlich von irgend einem Kloster aus, die Copisten Hessen aber den Mönch weg, so wie das Buch, welches der heil. Jungfrau zu Füssen gelegt, und wahrscheinlich als ein Geistesprodukt dos Mönches zu betrachten ist.
Ausser der heil. Familie mit der Heuschrecke kennt Passavant auch noch eine Madonna mit dem Kinde, und ein paar Scenen des Todtentanzes von dem Meister A., wir können aber keine nähere Beschreibung davon geben.
Dagegen ist im Catalogue de la superbe collection d'estampcs laissée par feu Mr. II. Weber. (Par F. H., i. e. F. Heimsoeth). Leipzig 1855, p. 1, auf ein sehr altes Blatt aufmerksam gemacht, welches den seeligen Tod des reuigen Sünders vorstellt, nach der Art der Darstellungen in den xylographischen Ausgaben der Ars moriendi. Im unteren Theile liegt der Sterbende auf dem Bette, vor welchem ein Tisch mit Medicamenten steht. Zu Haupten ist ein Engel mit der Bandrolle, auf welcher man liest: hie homo peceavit , morims veniam, rogilavit. Zu seinen Füssen steht der Teufel und erfüllt, das Zimmer mit Geschrei. Aus der Fratze an seinem Hintern geht eine Bandrolle mit den Worten: hanc animam posro, quam plenam criminibus nosco. In der Mitte am Bette reicht ein Mönch dem Sterbenden die brennende Kerze, und gegenüber hält ein anderer mit der Brille auf der Nase ein Buch. Hinter
dem Bette zählt man acht Personen aus der Familie des Scheidenden, und rechts füllt einer der Erben mit Beihülfe des Teufels bereits die Tasche. lieber ihm steht: raptor. In Mitte des Blattes sieht man Christus am Kreuze, an welchen der reuige Sünder die letzten Worte richtet: in manus tuas domine commendo spirilum meum. Links kniet die heil. Jungfrau und drückt mit der Rechten eine der Brüste mit den Worten: hanc quia succisti fii veniam promeruisti. Rechts spricht St. Bernhard mit dem Kreuze: o homo securum aecessum habes ante deum, mater ostendit filio peclus, et vulnera filius ostendit patri , salve vulnera, ibi nulla potest esse repulsa. Der Heiland macht die Rechte vom Kreuze los, legt sie auf die Brustwunde, und richtet nach dem oben in Wolken erscheinenden Gott Vater die Worte: vulnera cerne paler, fae quae rogitat mea virtus. Auf dem von diesem ausgehenden Spruchband steht: fili petita dabo , quae vis, tibi nulla negabo. Unter dem Engel links vom Vater liest man: te deum laudamus, und unter jenem rechts: in te dominum confitemur. Die ganze Handlung geht unter einem grossen Baldachin vor. Die Inschriften stehen auf fliegenden Zotteln, welche in ihren gothischen Charakteren schwer zu lesen sind. Links unten in der Ecke ist ein grosses A, ähnlich dem obigen. H. 9 Z. 6 L. Br. 6 Z. 10 L.
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Diese Darstellung stimmt mit keiner derjenigen in den xylographischen Werken der Ars moriendi. Hr. Heimsoeth erklärt sie als das Produkt eines der Brüder des gemeinsamen Lehens, ungefähr in der Weise jenes allegorischen Kupferstiches, welchen Hr. von Sotzmann im deutschen Kunstblatt 1850 Nr. 10 beschreibt. Der Künstler, ein Mönch, dürfte nach der Ansicht des letztgenannten gelehrten Kunstkenners den am 27. März 1482 erfolgten Tod der Maria von Burgund, Gemahlin Maximilians L, zu einer Allegorie gewählt haben. Auf dem im Kunstblatte beschriebenen Blatte ist nämlich eine in der Grube ausgestreckte Leiche zu sehen. Nach der Erklärung der Darstellung, welche Hr. Sotzmann gibt, kann aber das Jahr 1482 nicht als jenes der Entstehung des Blattes genommenwerden, da er eine der vorkommenden Figuren für jene des 1493 verstorbenen Kaisers Friedrich III. hält.
Literatur
Nagler, Georg Kaspar ; Andresen, Andreas ; Clauss, Carl: Die Monogrammisten : und diejenigen bekannten und unbekannten Künstler aller Schulen, welche sich zur Bezeichnung ihrer Werke eines figürlichen Zeichens, der Initialen des Namens, der Abbreviatur desselben etc. bedient haben ; mit Berücksichtigung von Buchdruckerzeichen, der Stempel der alten Gold- und Silberschmiede ... , 5 Bände, 1858-1879
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